DVas deulsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Mai 21.—23.) 171
rife einzusetzen, zur Berathung der drei Gesetzentwürfe, die er gleichzeitig vor-
legt, eines Reichsgesetzes über das Eisenbahnweien, eines über Errichtung
ines Reichs-Eisenbahnrathes, endlich eines Gesetzes über Errichtung eines
Verwaltungegerichtes für streitige Eisenbahnsachen. Im Vundesrathe macht
die * der Vorlagen einen sehr ungünstigen Eindruck. Wie
zarl dieser ist, beweist, daß man diese Entwürfe einer Mediatisirung der
Einzelstaaten ichpeit ansieht. Die Zustimmung des Bundesrathes ist
daher kaum zu erwarten. In Eisenbahnsachen sind die Regierungen wider-
standsfähiger, als in anderen Dingen; das zeigen schon die minimalen Fort-
schritte, welche der Antrag des Kanzlers betr. die Umgestaltung des Tarifswesens
in dem Sperial-Ausschusse macht. Ja man will wissen, daß die gegenwär-
tige, die Schwierigkeiten wahrlich nicht mindernde Vorlage durch den schlep-
penden Gang jener Verhandlungen veranlaßt und darauf berechnet ist, auf
dieselben einen Druck auszuüben.
21. Mai. (Deutsches Reich.) Reichstag: Bei der Präsi-
dentenwahl werden 324 Stimmzettel abgegeben. 119 Zettel sind
unbeschrieben und somit ungiltig. Auf v. Seydewitz (deutsch-conf.)
fallen 195 Stimmen. Derselbe nimmt die Wahl an.
Die deutsche Reichspartei hatte den Anspruch erhoben, ihren Lucius
an die Stelle Forckenbecks zu seben, ist aber mit diesem Anspruch sehr un-
fauft zurückgewiesen worden. Die Deutschconservativen wollten Hru. v. Seyde-
wih nicht zurückstehen lasen, und haben mit dem Centrum pactirt, um Hrn.
Dr. Lucins aus dem Felde zu schlagen. Sie haben sogar kein Bedenken ge-
tragen, dem Centrum den nächsten vacanten Posten im Präsidium, also im
Falle des Rücktriltes des #eeng. v. Stauffenberg den Poslen des ersten Bice-
präsidenten einzuräumen, so daß die deutsche Reichspartei mit Hru. Dr. Lu-
cius dann sogar noch hinter dem Centrum zurückstehen müßte. Damit ist
allerdinge constatirt, daß innerhalb der Mehrheit die Deutscheonservativen
und das Centrum, oder, da das letztere fast doppelt so stark ist, als die deutsch-
konsewatioe Fraction, eigentlich das Eimuunon die ausschlaggebende Position
inne ha
23. Mai. (Deutsches Reich.) Reichstag: auch der erste
Vicepräsident v. Stauffenberg legt sein Amt nieder „in Folge er-
neuter heftiger Erkrankung“.
Schluß der Debatten über den Zolltarif, Position Getreide-
zölle: in namentlicher Abstimmung
wird der Antrag v. Mirbach-Günther, den Eingangszoll auf Roggen
von 50 wi wie die Regierungsvorlage vorschlägt, auf 1 M. pro 100 Kilogr.
zu erhöhen, alsoé dem aus Weizen gleichzustellen, mit 173 gegen 161 Stim-
men abgelehnt. Das Centrum stimmt getheilt: Windthorst, beide Neichen-
sperger stimmen mit Nein, v. Franckenstein und die meisten bayerischen Cle-
ricalen mit Ja. Ferner stimmen u. a. gegen den Antrag: Falk und Frie-
denthal; für denselben Braun (Hersfeld v. Wedell (Malchow), v. Minnige-
rode, beide Fürsten Hohenlohe, v. Varubüler. Darauf wird die Regierungs-
vorlage: „Posilion 9a: Weizen, Hafer und Hülfeufrüchte, jowie nicht beson-
ders genannte Getreide-Arten 1 und Pos. 90: Roggen, Gerste, Mais
und Buchweizen 0.50 M. pro 100 Kilogr.“ mit 226 gegen 109 Stimmen
angenommen. Fürst zu Carolath dn sich der Abstimmung. Die Zu-
sammensetzung de ajorität und Minorität entspricht ziem-
lich genan der Abtimn'#ng über den Roheisenzoll. Die Freunde