Die Schweil. (Juni 28 — Ang. 11.) 457
*diu Verhandlungsgegenstände vorliegen, so wird die Versammlung ge-
schlosse
28. Juni. (Tessin.) Das Bundesgericht weist die Acten
der Mord-Affaire von Stabio dem Bundesrath mit der Anfrage zu:
ob er von sich aus den Proceß vor die Bundesassisen bringen wolle;
sollte der Bundesrath dieß verneinen, so behält sich das Bundes-
gericht einen weiteren Entscheid in dieser Angelegenheit vor. Dem-
nach hat dasselbe die Frage der von den Tessiner Behörden bestrit-
tenen Bundescompetenz principiell bereits entschieden.
29. Juni. (Genf.) Der vertriebene Bischof Mermillod ist
*von Nom in sein „Exil“ in der Nähe von Genf zurückgekehrt, aber
ohne den Cardinalshnt. In einer Ansprache an die ultramontane
Geistlichkeit des Kantons Genf, die ihm in corporc einen Besuch ab-
stattet, gibt er die Versicherung: er werde auf seinem bisherigen Posten
ausharren. Daß in Genf die religiösen Reibereien und Kämpfe ein
Cnde nehmen, steht also nicht zu erwarten.
Anfang Juli. Agitation des Nationalraths Joos (Schaff-
hausen) behufs Sammlung der 50,000 Unterschriften für Revision
des Art. 39 der Bundesverfassung resp. für Einführung eines Bank-
noten-Bundesmonopols.
Sollie die Volksabstimmung wirklich für die Revision jenes Arlikels
sein, so müßte, da es sich hier nicht um eine von den eidgenössischen Räthen
bereits vollzogene Partialrevision, wie bei der Wiedereinführung der Todes-
strafe handelt, dieselbe durch neugewählte Räthe vorgenommen werden, in
welchem Fall es wohl nicht bloß bei Art. 39 bleiben dürfte. Die Agitation
begegnet darum auch vielfach entschiedenem Widerstande und wenigstens bis
““‚ Jahres werden die 50,000 Unterschriften noch nicht zusammen-
gebracht
31. Juli. (Uri.) Landrath: führt durch ein Gesetz die
Todesstrafe wieder ein für die Verbrechen des Mordes (vorfätzliche
Tödtung) und der Brandstiftung, wofern durch dieselbe ein Mensch
das Leben verloren hat. Die Todesstrafe soll aber vorkommenden
Falles mit beschränkter Oeffentlichkeit in Anwesenheit von amtlichen
Urkundspersonen vollzogen werden. Das Gefsetz tritt sofort provi-
sorisch in Kraft. Den definitiven Entscheid fällt die Landsgemeinde.
II. August. (Tessin.) Die Geschworenen fällen im Stabio-
Mordproceß ihr Verdict, das ganz erwarkungsgemäß ausfällt.
Sämmtliche fünf Angeklagte werden für schuldig erklärt. Die Auf-
regung, welche dieser Wahrspruch unter den Liberalen in Tessin her-
vorbringt, steht auf dem höchsten Puncte, so daß neue Ruhestörungen
befürchtet werden. Schon während der Proceß-Verhandlungen hatte