Die ollomannische Pforle. (Febr. 8 — Mitte.) 499
rriläet ein Protokoll in 12 Artikeln im Wesentlichen: 1) Die Anerkennung
der Bestimmungen des Berliner Vertrags implicirt keine Abänderung und
verändert nicht dessen Character und Tragweike. 2) Die Entschädigung von
26,500,000 Fr. für russische Unterthanen in der Türkei ist das Maximum.
Die Ansprüche werden durch eine russische Commission unter Theilnahme
eines türlischen Delegirten geprüst. 3) Die Auslassung des Artikels des
Vertrages von San Stefano bezüglich der Kriegsentschädigung für Rumä-
nien, Serbien und Montenegro ist durch die Unabhängigkeit dieser Staaten
begründet, welchen unbenommen bleibt, mit der Pforte dieserhalb direct sich
ins Einvernehmen zu setzen. 4) Die Amnestie hindert keinen der beiden
Theile) Koligeimahregeln gegen Personen zu ergreifen, welche ihm gefährlich
werden könn
Nach Hen, der Berliner Vertrag die Hauptfrage entschieden hatte, hätte
man sollen serwarten dürfen, daß der Specialvertrag zwischen Rußland und
der Pforte bald zu Stande kommen würde; gleichwohl sind seit dem Ber-
liner Congreß bis zum Zustandekommen des Konstantinopeler Vertrags sechs
Monate verstrichen. Die Verzögerung ging von Rußland aus, welches für
die Verlängerung seiner Occupation türkischen Gebiels immer neue Gründe
oder Vorwände geltend zu machen wußte. Außer um die Räumung han-
delte es sich bei diesen Verhandlungen vornehmlich um die Frage der Kriegs-
entschädigung, die Kosten des Unterhalts ber. türkischen Gefangenen in Ruß-
land und eine Indemnität für die durch den Krieg zu Schaden gekommenen
russischen Unterthanen. in der Türkei. Die geichemgfänniin sollte be-
kanntlich nach Art. 19 des Vertrags von San Stefano 1400 Millionen
Rubel (3600 (Millionen Francs) betragen; für 1100 Mülionen Rubel hat
sich Rußland durch Abtretung türkischen Gebiets bezahlt gemacht; die Pforte
schuldete Rußland also noch 300 Millionen Nubel oder 1200 Mill. Francs.
Der definitive Friedensvertrag redncirt diese Summe auf 802½ Mill. Frcs.,
über deren Abtragung spätere Vereinbarung vorbehalten ist. Den russischen
Unterthauen hat die Türkei 26 statt 40 Millionen innerhalb zweier Jahre
zu bezahlen; die Unterhaltungskosten der türkischen Gefangenen sind in 7
Jahren, und zwar in 21 Raten, abzutragen. Rußland hat seine Zugeständ-
nisse an die Pforte nicht sehr weit ausbehnen zu sollen deglaubt. Allerdings
ist die Aricgsiutschsdienn in Geld um 400 Millionen Francs ermäßigt
worden; aber sie beträgt noch inmer ber 800, und die finanzielle Lage
der Türkei läßt nicht absehen, in welcher Zeit lettere sich der übernommenen
Verbindlichkeiten zu entledigen vermag.
8. Febrnar. Zusammentritt der türkisch-griechischen Grenz-
regulirungscommission in Prevesa. Die Verhandlungen bieten von
vorne herein wenig Aussicht auf eine Verständigung. Die griechischen
Commissäre verlangen als Grundlage der Unterhandlungen die Be-
stimmungen des Berliner Vertrags. Mukhtar Pascha erklärt jedoch,
daß er keine Instruction habe, auf dieser Grundlage zu unterhandeln.
8. Febrnar. Spuz und Podgorizza werden ohne Schwierig-
keiten an Montenegro abgetreten.
Mitte Februar. Die Ausführung des Berliner Vertrags hat
überall mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die internationalen
Commissionen, die deßwegen, sei es für die Grenzberichtigungen, für
die Ausarbeitung organischer Statuten oder zur Controle der Ver-
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