Die oltomannische Pforle. (Aug. 1520.) 509
garischen Partei. Doch verspricht er auf das Drängen der Pforte
hin, daß in Zukunft auch keine bulgarische Fahne mehr aufgehißt
werden solle.
15. August. (Ostrumelien.) Die internationale Commission
hat ihre Befugnisse folgendermaßen festgestellt:
Die Commission hat sich über alle Fragen, welche ihr der General-
gouverneur vorlegt, zu äußern. Sie kann auf Untrag eines ihrer Mitglieder
dem Eeeneralgonverneur in allen auf die Anwendung des organischen Statuts
bezüglichen Angelegenheiten Rathschläge ertheilen. In allen anf die An-
wendung des organischen Statuts bezüglichen Fragen beschließt die Com-
mission mit einer absoluten Majorität von vier Stimmen. Diese Beschlüsse
haben lediglich einen confultativen Character. Sie werden erst dann für
den Generalgouverneur bindend, wenn sie einstimmig erfolgt sind. Die mit
absoluter Stimmenmehrheit beschlossenen Weisungen der Commission an den
Generalgouverneur hinsichtlich der Zweckmäßigkeit der Berufung der osmani-
schen Truppen sind obligatorisch.
Der Oberbefehlshaber der Miliz, General Bitalis, nimmt in
Folge von Differenzen mit derselben, die aller Disciplin entbehrt,
seine Entlassung und wird durch General Strecker erseht. Auch seine
Stellung ist eine schwierige. Die Bulgaren werden es ihm nicht
vergessen, daß er, obwohl deutscher Abkunft, so doch türkischer General
gewesen ist und daß er im letzten „Befreiungskriege“ die Waffen
gegen Rußland und Bulgarien getragen hat.
20. August. In Anatolien, namentlich in Armenien, herrschen
in Folge der Einfälle der Kurden und der Zigellosigkeit der Tscher-
kessen vielfach geradezu anarchische Zustände. In Armenien droht
überdieß eine Hungersnoth.
Für die Russen, die schon seit einem Jahrtausend nach dem Goldenen
Horn lüsterne Blicke werfen, dürften solche Zustände nur Wonnegefühle er-
regen; während sie jetzt im eigenen Lande mit zahllosen Schwierigkeiten zu
kämpfen haben und für den Augenblick nicht an den Bosporus denken kön-
nen, übernehmen andere Leute ihre Arbeit. Selbst England, das doch bei
jedem Anlaß seinen Antagonismus gegen Rußlands Politik äußert, wiegte
3 ein ganges Jahr nach der Convention vom 4. Juni 1878 in Sicherheit
und behandelte die Verhaͤltnisse in Anatolien, und namentlich im kürkischen
Armenien, mit einer unglaublichen Leichtfertigkeit; man ist aber dort jetzt
aufgeschreckt; die oplimistischen Anschauungen Lord Beaconsfields und Lord
Salisbury's haben sich als Täuschungen erwiesen, und jetzt hat die englische
Regierung ein Generalconsulat in Sivas errichtet, dem die Consulate in
Diarbekir, Charput, Merdin, Erzerum, Erzingian, Wan, Bitlis u. f. w.
untergestellt sind. In allen diesen Ortschaften sind vielleicht keine fünfzig
englischen Unterthauen; diese Consulu sind also geradezu zum Schutze der
christlich-armenischen Bevölkerung da, und zwar mit vollem Recht; denn da
die zahllosen Beschwerden dieser Leute bis jetzt völlig unberücksichtigt ge-
blieben sind, so würde ihnen schließlich nichts anderes übrig bleiben, als
sich Rußland in die Arme zu werfen.