516 Rumãnien. (Jan. 29 — Febr. 20.)
arbeiten begannen, so daß sie heute in der Lage sind, den winterlichen Be-
dürfnissen halbwegs gerecht zu werden; allein hilfsbedürftig sind sie gerade
so, wie die Mohamedaner. Auch muß man anerkennen, daß die armen Leute
ohne Unterschied des Glaubensbekenutnisses, den alten Groll vergessend, sich
gegenseitig in brüderlicher Weise unterstützen. In manchen Dörfern werden
zahlreiche Häuschen zur Hälfte von Chrisien, zur andern Hälfte von Moha-
medanern bewohnt. Streitigkeiten entstehen nur dann, wenn Neuankommende
Eigenthumsansprüche erheben und die gegenwärtigen Bewohner delogiren
wollen.“
2. Rumänien.
29. Jannar. Der Fürst richtet eine Botschaft au beide Kam-
mern, worin ihnen eine Declaration bez. Abänderung des Art. 7
der Verfassung (Judenartikel) nach der Forderung des Berliner Ver-
trages unterbreitek wird.
Anfang Februar. Conflict mit Rußland wegen Arab Tabia
Nachdem der Berliner Congreß Rumänien genöthigt hat, seine bessara-
bischen Districte aufzugeben und sich dafür die Dobrudscha einzuverleiben,
hat die rumänische Armee die Grenzen der Dobrudscha genau in der Weise
besetzt, welche die von Europa eingesetzte Commission vorgezeichnet hatte.
Innerhalb dieser Grenzen liegt auch Arab-Tabia, ein detachirtes Fort der
Festung von Silistria. Dasselbe ist somit weder eine Vorstadt von Silistria,
noch liegt es überhaupt nur im Weichbilde der Festung: ist aber für Ru-
mänien von der äußersten Wichtigkeit, weil dort östlich von Silistria gegen-
über von Kilschin am geeigneksten die Brücke über die Donau zur Verbin-
dung der Dobrudscha mit dem Haupllande ausgeführt werden kann, widrigen-
falls die Dobrudscha von diesem ganz isolirt und nur auf einem großen und
beschwerlichen Umwege erreicht werden kann. Rußland behauptet dagegen,
Arab--Tabia gehöre mit Silistria zu Bulgarien und fordert von Rumänien
in drohendem Tone die sofortige Näumung von Arab-Tabia. Rumänien
wendet sich an die Mächte und stellt ihnen vor, daß sie das Fort Arab-Tabia
als „Schlüssel zur Dobrudscha“ ansehe, ohne dessen Besih sie keine Verant-
wortung für die Aufrechthaltung der rumänischen Herrschaft über die Do-
brudscha übernehmen könne.
11. Febrnar. Die Mächte rathen Rumänien, Rußland in
der Arab Tabia-Frage vorläufig nachzugeben.
20. Februar. Rumänien räumt Arab Tabia in Folge eines
neuen an den General Angelescu ergangenen russischen Ultimatums
mit vierundzwanzigstündiger Ablaufsfrist. Die Antwort der Buka-
rester Regierung, d. h. die Räumungs-Ordre, trifft, da die Com-
municationen durch das Hochwasser der Donau unterbrochen sind,
in letzter Minute vor Ablauf der Frist ein. Die Russen rückten
auch bereits zum Angriffe vor, so daß die Räumung von Arab-
Tabia thatsächlich als Folge der russischen Demonstration vor
sich geht.