Hulgarien. (Juli 5—15.) 527
uneigennütige Rußland ziehe seine Soldaten und Beamten aus Bulgarien
zurück. Die Bulgaren werden nun ihrer Weisheit und ihrem Patriotismus
Kberlassen. Wenn sie weise und patriotisch vorgehen werden, dann wird
ihre große nationale Aspiration nach Einheit unfehlbar verwirk-
licht werden. Man muß nur mit Zeit und eUmständen zu rechnen ver-
stehen, dann kann Alles erreicht werden.“ Diese provocirende Aufprache
wird von den Bulgaren mit Rufen: „Es lebe der Czar! Es
Dondukoff! Es lebe die bulgarlsche Einheit!" beantwortet. *— ——
koff begibt sich nach Varna, um dort den Prinzen Alexander von Batten-
berg zu empfangen.
5. Juli. Fürst Alexander langt von Wien, wohin er sich
von Livadia begeben hat, um Mittag in Konstantinopel an, em-
pfängt um 3 Uhr den Investitur-Berat des Sultans und schifft sich
noch am Abend nach Varna ein.
6. Juli. Fürst Alexander landet in Varna, empfängt die
Behörden in bulgarischer Sprache und erläßt eine Proclamation an
das bulgarische Volk.
9. Juli. Fürst Alexander leistet in Tirnowa in der histori-
schen Krönungskirche feierlich den Eid auf die Verfassung. Er trägt
dabei russische Generalsuniform. Die Eidesformel spricht er fließend
in bulgarischer Sprache, was von der Versammlung mit großem
Enthusiasmus ausgenommen wird.
11. Juli. Fürst Dondukoff kehrt nach Nußland zurück. Die
Veröffentlichung einer von ihm dem Fürsten vorgelegten Procla-
mation, in welcher die Bulgaren aufgefordert werden sollten, ewig
ihre Dankbarkeit gegenüber Rußland zu bewahren, wird vom Fürsten
abgelehnt. .
14. Juli. Einzug des Fürsten in die neue Hauptstadt Sofia.
Er ernennt sein erstes Ministerium: Burmow, Inneres, Cultus und
zugleich Präsident; Natzovics, Finanzen; Grekow, Justiz; Balabanow,
Auswärtiges; General Parenzow, Krieg. General Parenzow, der
neue Kriegsminister, war in russischen Kriegsdiensten. Bczeichnend
ist immerhin, daß Burmow, der Minister des Innern und des
Unterrichts, zugleich Präsident des Cabinets ist, das vorzugsweise
aus relativ gemäßigten Parteiführern gebildet ist.
15. Juli. Die von Rußland dem Fürstenthum geschenkte
Donauflotille segelt nach Odessa ab.
Rußland konnte dallerdings nicht gehindert werden, ben Balgaren die
Flottille zu schenken da aber Kriegsfahrzeuge durch den Ark. 52 des Ber-
liner Vertrags aus der Donau verwiesen sind, konnte von einer r-
dung oder Stationirung der Flottille auf diesem Strome nicht die Rede
sein. Daraus nun, diah die Flottille nach Odessa geschickt wird, geht her-
Jvor, daß Fürst Alexander auch in diesem Punkte sich streng an den Vertrag