Das deulsche Reich und seine einseluen Glieder. (Jan. 31 — Febr. 4.) 53
Crämer (lib.) mokivirk den Antrag kurz mit dem Hinweis auf Art.27
der Reichsverfassung und drückt den Wunsch aus, es möge ein einstimmiges
Votum erfolgen. Jörsblultrgerklärt Namens seiner Parteigenossen, sie hätten
bine Veranlassung, in die Debatte einzutreten; der Antrag besitze nach seinem
Wortlaut und Sinne die volle Sympathie seiner Partei, und er spreche den
Antragstellern den Dank für die Initiative und den einstimmigen Fraktions-
anschluß aus. Ministerpräsident v. Pfreb#schner erklärt: trotz des
grosßen Interesses der Regierung an den Berathungen müsse sie doch Be-
denken tragen, heute bindende Erklärungen abzugeben. Der Antrag wird
hierauf beie namentlicher Abstimmung mit 130 gegen 1 Stimme, welche
die Erledigung der Frage durch den Reichstag will, augenommen.
31. Jannar. (Bayern.) I. Kammer: lehnt nach längerer
Debatte die Beschwerde wegen Verfassungsverletzung durch Ein-
führung der Simultanschulen in München mit 32 gegen 14 Stimmen
als unbegründet ab. Dagegen wird der Beschluß der II. Kammer:
Se. Maj. den König zu bitten, die Verordnung vom 29. Angust
1873, betr. die Errichtung von Volksschulen und die Bildung der
Schulsprengel, außer Wirksamkeit zu setzen, nur mit Stimmengleich-
heit abgelehnt und dem weiteren Beschluß der II. Kammer: die
Bitte auszusprechen, daß insbesondere die auf Grund jener Verord-
nung in Großkarlbach eingeführten confessionell gemischten Schulen
wieder in confessionell getrennte umgewandelt werden, mit 26 gegen
20 Stimmen beigetreten.
— Jannar. (Bayern.) Der Bischof von Regensburg hat
die Muttergotteserscheinungen zu Mettenbuch bei Deggendorf durch
einen Hirtenbrief für Selbsttäuschung der betreffenden Kinder erklärt,
alle Gebete, Rosenkränze, Medaillen und Schriften hierüber verboten
und die Stätte jeder Eigenschaft als Wallfahrts= oder Gnadenstätte
entkleidet.
Aufang Februar. (Deutsches Reich.) Der gew. Reichs-
kanzleramts-Präsident v. Delbrück veröffentlicht unter dem Titel
„Deulschlands Getreideverkehr mit dem Auslande“ eine Schrift gegen
den projectirten Getreide-Zoll von 50 5. auf den Centner, die durch
ihre scharfe Präcision großes Ausfsehen erregt und deren Resultat
schließlich dahin zusammen gefaßt wird:
„Es hat sich ergeben, daß die Belegung dieses ausländischen Getreides
mit einem Eingangszolle den Preis auch des inländischen Gelreides um einen
dem Zollsabe nahe kommenden Vetrag erhöhen würde, und daß die durch
diese Erhöhung der Nation aufsgelegte Last außer jedem Verhältniß zu der
sinanciellen Wirkung des Zolles stehen, den wirthschaftlich schwächsten Theil
der Nation am slärksten treffen und eine Beschränkung in dem Verbrauche
Vewerblicher Erzeugnisse zur unmittelbaren Folge haben würde."“
4. Febrnar. (Deutsches Reich — Oesterreich.) Der
„Reichs-Anzeiger“ überrascht die öffentliche Meinung durch folgende