98 Dos beuische Reich uud seine einzelnen Glieder. (März 9—18).
wieder nicht ohne sich der Zustimmung ihrer Freunde im Reichslag vorerst
zu versichern, gehandelt haben, ist anzumehmen. Bemerkenswerth ist, daß in
der Motion die constitutionelle Repräsentativregierung als ein in der Zukunft
zu erreichendes Ziel und die staatliche Constitnirung als Bundesstaat als
Vorbedingung, deren Verwirklichung zunächst anustreben ist, bingestelt wird.
Dadurch werden die Bedenken derlenigen beseitigt, welche als wesentliches
Merkmal der Antonomie die innere Antonomic, die constikutionelle Verfass-
ung. betrachten und mit Recht die Verhältnisse dafür noch nicht für reif
halten. Der Landesausschuß will die Grundlage, welche die Gewährung der
inneren Antonomie staatorechtlich, wenn auch noch nicht politisch, möglich
macht, vorerst gewinnen, um auf festem Boden weiter zu arbeiten. In der
Sipung vom 22. Dezember 1877 hatte der Landesausschuß die Mittel und
Wege angegeben wie der neue Bundesstaat geschaffen werden solle — näm-
lich durch Verzicht der deutschen Fürsten und freien Städte auf ihre Col-
lectiv-Sonveränrtät zu Guusten der Kaiserkrone („taiserlaud“ oder „kaiser-
liches Kronland.“) Dieß scheint auch jeht noch der herrschende, aber nicht
ausgesprochene Gedanke zu sein. Denkbar bliebe sonst nur die Gründung
einer eigenen Herrscherhauses oder die Personalunion mit einer deutschen
Fürstenkrone, da an eine Art von Republik, an einen neuen Bundesstaat
ohne monarchische Spitze nicht zu denken ist. Hier beginnen offenbar die
Schwierigkeiten.
9. März. (Deutsches Reich.) Die Zolltarif = Commission
hat ihre Aufgabe bereits wesentlich vollendet: der neue Zolltarif ist
in erster Lesung durchgeführt und es handelt sich nur noch um eine
zweite Lesung und die Zusammenstellung der gefaßten Beschlüsse.
18. März. (Deutsches Reich.) Bundesrath: der Reichs-
kanzler richtet in der Gütertariffrage folgendes Schreiben an den
Bundesrath:
r * Vorbereitung, der Beschlußnahme über den Präsidialantrag vom
7. r*iies ar d. J. betreffend die Ansarbeitung eines Gesetzes zur Nege-
lung des gebener . 2, bet auf den deutschen Eisenbahnen glaubte ich den
Versuch nicht unterlassen zu sollen, vor dem Einlrikt in die verfassungsmäßige
Geschäitsbehandlung zwischen den hohen Regierungen, welche durch den Be-
sib von Staatsbahnen direct betheiligt sind, eine freie Verständigung über
die Behandlung des Antrages herbeizuführen. Der dankenswerthen Zustim-
mung zu diesem Vorschlage ist eine Conferenz gefolgt, welche unter Thejl-
nahme von Vertretern der hohen Regierungen von Preußen, Baiern, Sachsen,
Württemberg, Baden, Hessen, Oldenburg und der Reichseisenbahnverwaltung
Statt gefun en hat. Ueber das Ergebniß dieser Verhandlungen gibt das in
der Anlage ganz ergebenst beigefügle Conferenzprotocoll Aufschluß. Unge-
achtet aller bei den ernsten Erwägungen einer umfassenden Reform natürlichen
Meinnngsterschtedenheit tritt nach dem Gejsammleindruck der im Protocolle
niedergelegten Auffassungen und Vorschläge aus der Vorbesprechung die Nei-
gung entgegen, den dem Präsidialantrage vom 7. v. Mts. zu Grunde liegen-
den Bestrebungen entgegenzukommen. Dieselben zielen darauf ab: 1) das ge-
sammte Gütertarifwesen nach möglichst gleichartigen Grundsähen gemeinsam
zu ordnen; 2) die im Interesse des Verkehrs unentbehrliche Klarheit und
Uebersichtlichkeit in der Tarifirung zu schaffen und zu sichern; 3) geselichen
Schutz dafür zu gewähren, daß die deutschen Eisenbahnen in erster Linie
nicht fremdländischen erkehrsinteressen dienstbar werden, sondern ihrer Be-
stimmung bei der Anlage enksprechend vorzugsweise den deutschen Verkehr,