214 Das deulsche Reich und seine eiunelnen Glieder. (Aug. 25 —28.)
Wilhelm IV., fest und bestimmt, daß das ganze kaiserlich-königliche
Haus, sowie noch zu ladende Gäste der Feier anwohnen werden.
25. August. (Bayern.) Das 700jährige Wittelsbacher Re-
gierungsjubiläum wird im ganzen Lande und unter lebhafter Be-
theiligung aller Classen der Bevölkerung gefeiert.
26. August. (Deutsches Reich.) Die früher aus Berlin
ausgewiesenen socialdemocratischen Führer Körner und Finn kehren
mit Erlaubniß des Polizeipräsidenten von Berlin dahin zurück und
erlassen einen Aufruf an die Arbeiter Berlins, in dem sie sich von
den bisherigen Leitern der Partei lossagen und zwar Socialisten
bleiben, aber namentlich die Wirthschaftspolitik der Reichs= und
Staatsregierung in Zukunft unterstützen wollen.
27. August. (Deutsches Reich und Preußen.) Der Kaiser
gewährt (erst jezt) Herrn Hofmann die nachgesuchte Entlassung als
Staatssecretär des Reichs für das Innere und preußischem Handels-
minister. Das preußische Handelsministerium wird proviforisch dem
Ministerpräsid „Fürst Bismark übertragen.
28. August. (Deutsches Reich.) Der linke Flügel der
nationalliberalen Partei trennt sich von derselben und erläßt ein
gemeinsames Programm, das von 28 Abgeordneten zum Reichstag
und zum preußischen Landtag unterzeichnet ist und folgendermaßen
lautet:
Die Erfahrungen der letzten zwei Jahre haben in steigendem Maß
uns die Ueberzeugung ausgedrängt, daß die nationalliberale Partei gegen-
über den wesentlich veränderten Verhältnissen nicht mehr von der Einheit
politischer Denkart getragen wird, auf der allein ihre Berechtigung und ihr
Einfluß beruhten. In dieser Ueberzeugung erklären die Unterzeichneten bi-
mit ihren Austritt aus der nationalliberalen Partei. Eine in sicheren
nen ruhig fortschreitende Enkwicklung unserer in Kaiser und Neichsversaffung.
ruhenden Einheit wird nur aus der Wirksamkeit eines wahrhaft constitutio-
nellen Systems hervorgehen, wie es die deutsche liberale Partkei seil ihrer
Existenz unverrückt erstrebt hat. Das einige Zusammengehen der liberalen
artei in den wesentlichen Frgen, das Aufhören verwirrender und auf-
reibender Kämpfe verschiedener liberaler Fractionen erscheint uns aber als
die unerläßliche Voraussetzung für das erstrebte Ziel. Fester Widersland
gegen die rückschrittliche Bewegung, Festhalten unserer nicht leicht errungenen
olilischen Freiheiten ist die gemeinschaflliche Aufgabe der gesammten liberalen
Bartei. Mit der politischen Freiheit ist die wirthschaftliche. eng verbunden.
Nur auf der gesicherten Grundlage wirthschaftlicher Freiheit ist die materielle
Wohlfahrt der Nation dauernd verbürgt. Nur unter Wahrung der con-
stitutionellen Rechte, unter Abweisung aller unnöthigen Belastungen des
Volks und solcher indirecten Abgaben und Zölle, welche die Steuerlast vor-
wiegend zum Nachkheil der ärmeren Classen verschieben, darf die Reform der
Reichsstenern erfolgen. Mehr als für jedes andere Land ist für Deutschland
die kirchliche und religiöse Freiheit der Grundbedingung des inneren Friedens.