Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 18.) 105
v. Kardorff (freicons.) Die Einbeziehung der Freihäfen in den
Zollverein sei eine unabweisliche Nothwendigkeit. Delbrück (nat.-lib.) gibt
einen historischen Rücklick über die Freihafenstellung Hamburgs und Bremens,
und sagt: die einzige Frage sei, ob das Interesse des Reiches die Aufrecht-
haltung der Freihafenstellung nöthig mache oder deren Aufhebung erheische.
Die Frage sei dahin zu entscheiden, daß der bisherige Zustand fortdauern
solle. Alle Exemplificationen aus England, Frankreich und Italien seien un-
zutreffend, weil dort überall die Exportverhältnisse ganz anders liegen als
bei uns; gine Schädigung der hanseatischen Interessen bedeute auch die
Schädigung der Reichsinteressen. Braun (nat.-lib.) vertheidigt die Frei-
hafenstellung Hamburgs vom Gesichtspuncte der Reichsinteressen; es sei nicht
zu zweifeln, das Hamburg und Bremen im gegebenen Moment selbst den
Anschluß beantragen werden v. Minnigerode (conserv.) polemisirt gegen
Ausführungen des Hamburgischen Senators Versmann und nennt die-
selben einen Hamburger Monolog, der in den Reichstag hereingeschleudert
worden sei, während die Sache wesentlich nur den Bundesrath angehe, der
bei dem Zögern Hamburgs wohl berechtigt sei, eine Pression auszuüben.
Meier (Fortschr.) rechtfertigt die bisherige ablehnende Haltung der Hanse-
städte, welche nicht auf einer particularistischen Zurückhaltung, sondern auf
sachlichen Erwägungen beruhe.
Damit ist die zweite Lesung des Etats beendigt, worauf das
Küstenschiffahrtsgesetz nach dem Antrage der Commission genehmigt
wird.
Die Matricularbeiträge für das nächste Finanzjahr 1881/82 be-
tragen nach der definitiven Berechnung für die einzelnen Staaten folgende
Summen: Preußen 54,216,964 ℳ, Bayern 20.447,944, Sachsen 5,808,972,
Württemberg 7,404,196, Baden 5.285,893, Hessen für das Gebiet nördlich
vom Main 582,692, für die südlichen Landestheile 1,282,933, Mecklenburg
Schwerin 834,865, Sachsen- Weimar 441,615, Mecklenburg-Strelitz 144,233,
Oldenburg 481,384, Braunschweig 493,100, Sachsen-Meiningen 293,213,
Sachsen- Altenburg 219,870, Sachsen- Coburg- Gotha 275,279, Anhalt 321,961,
Schwarzburg- Sondershausen 101,730, Schwarzburg-Rudolstadt 115,594,
Waldeck 82,527, Reuß ä. L. 70,833, Reuß j. L. 139,261, Schaumburg- Lippe
49,951, Lippe-Detmold 169,529, Lübeck 85,799, Bremen 214,375,
Hamburg 585,864, Elsaß-Lothringen 3,095,919. In Summa 81,670,950,
d.
h. mehr als im vorigen Etat 24,455,428 , von welchem Mehr auf
Preußen 15,408,732 ℳ kommen. Die Gesammtausgaben des Reiches
für 1881/82 sind veranschlagt zu 596,811,409 , wovon an durchlaufenden
Ausgaben abgehen 34,874,589
Budgetcommission: nimmt mit 15 gegen 9 Stimmen den An-
trag v. Benda-Rickert an, welcher verlangt, daß in den Etat ein-
gefügt werde: Die Ausgaben für die Einverleibung Altona's in das
Zollgebiet unterliegen, soweit sie nicht von den Einzelstaaten zu
decken sind, der Bewilligung des Reichstags. Für den Antrag stim-
men die Nationalliberalen, die Fortschrittspartei, die Secessionisten
und das Centrum, dagegen beide conservative Gruppen.
Commission für den Gesetzentwurf betr. Besteuerung der Dienst-
wohnungen: beschließt mit 8 gegen 4 Stimmen, 15 statt 10 Procent