142 das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (April 1—4.)
Spuller, Lacroix u. A. Es soll dieß, wie ich glaube, ein complicirter Vor-
wurf des Socialismus und des Communismus sein, aber immer noch die-
selbe Melodie. Dann kommt auch die Unerschrockenheit, welche die Regierung
kennzeichnet, was ich für meinen inneren Menschen übersetze mit leichtfertiger
Dreistigkeit, mit der die Regierung diese Sachen vorbringt, die der Herr
Vorredner aber mit höflichem Wohlwollen Unerschrockenheit nennt. M. H.!
Unsere Unerschrockenheit beruht auf dem guten Gewissen, auf der Ueber-
zeugung, daß Das, was wir bringen, das Ergebniß sorgfältiger, pflicht-
mäßiger Ueberlegung ist und nicht die mindeste Färbung von Parteipolitik
hat, und dadurch sind wir den Angreifern überlegen, weil die Gegner von
ihrem Ursprung, von dem Boden der Parteikämpfe, der an ihren Schuhen
klebt, sich niemals werden frei machen können. Wenn der Herr Vorredner
in seinen weiteren Vorwürfen uns mit den Römern vergleicht — seine hi-
storischen Excurse sind nicht bloß nach Frankreich, sondern in die Vergangen-
heit gegangen — so liegt der Unterschied zwischen unserer Auffassung, die Herr
Lasker immerhin eine aristokratische nennen mag, und der des Herrn Bam-
berger schon in dessen Ausdrucksweise; er spricht von Theatern, die wir dem
„süßen Pöbel“ bauen. Nun, ob der Pöbel für den Herrn Vorredner etwas
Süßes hat, weiß ich nicht, für uns ist es ein angenehmes Gefühl, für die
weniger vom Glücke begünstigten Classen, die der Herr Vorredner mit dem
Namen Pöbel bezeichnet, auf dem Wege der Gesetzgebung sorgen zu können,
wenn Sie uns die Mittel dazu geben, und sie auf diesem Wege, soweit
möglich ist und an uns liegt, dem verderblichen Einfluß hiner ihrer Intelli-
genz überlegenen Beredtsamkeit der eloquenten Streber, die die Massen aus-
zubeuten suchen, zu entreißen. Der Ausdruck Pöbel ist nicht aus unserem
Munde gekommen, und wenn der Herr Abgeordnete einerfeits vom Pöbel
und dann von Couponabschneidern spricht — so habe ich auch den Ausdruck
nicht gebraucht. Couponabschneider, er ist mir sprachlich nicht geläufig; ich
glaube, ich habe gesagt, „Couponschneider“ (Heiterkeit), indessen der Begriff
bleibt derselbe. Ich halte diese indessen für eine achtbare und vom mini-
steriellen Standpuncte aus sehr zahlreich wünschenswerlhe Classe von Staats-
bürgern, weil sie ihren Reichthum mit einer gewissen Schüchternheit verbin-
den, die sie hindert, an Handlungen Theil zu nehmen, die mit einem Vor-
wurf oder mit Gefahren verbunden sind. Ein hoher und dabei friedliebender
Steuerzahler ist immer für den ministeriellen Standpunct der angenehmste
Staatsbürger (Heiterkeit), nur muß er sich den Lasten, die seine leicht er-
hobenen Revenüen in Concurrenz mit den anderen tragen sollen, nicht ent-
ziehen wollen, und Sie werden sehen, daß er Das schließlich auch nicht thut.
Er ist ein ehrlicher Mann, und haben wir erst das finanz-ministerielle Miß-
trauen der alten Zeit — meine heutigen Collegen theilen es nicht mehr —
überwunden, so werden wir sehen, daß nicht Jedermann bereit ist, zu seinem
finanziellen Vortheil zu lügen, und daß der Couponschneider sich selbst richtig
einschätzen und besteuern wird. Der Herr Abg. Bamberger hat ferner ge-
fragt, woher nehmen Sie denn die Mittel, die dazu nöthig sind? Wie ich
schon bemerkte, dieses Gesetz erfordert im Ganzen wenig neue Ausgaben, die
Regierung verlangt nur die Erlaubniß, den Staat an die Stelle der armen-
pflegenden Gemeinden treten zu lassen und dann eine kleine mäßige Zulage
für den Erwerbsunfähigen, die aber von dessen Willen absolut abhängig
bleibt und ihm anklebt, ohne daß sie von ihm getrennt werden kann, ihm
also eine gewisse Unabhängigkett auch in seiner Stellung als Invalide im
Leben läßt, nur ein mäßiger Zuschuß zu dem bisherigen — ich weiß nicht,
ist er auf die Hälfte des Drittheils, auf ein Sechstel zu veranschlagen, oder
geringer; aber Das sollte meines Erachtens ein Staat, der sich im Kampfe
mit diesen infernalen Elementen befindet, die Ihnen dieser Tage hier näher