Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

208 Pas deuische Reich und feine einzelnen Glieder. (Juni 7—12.) 
7. Juni. (Bayern.) In Forchheim findet ein kleiner Juden- 
krawall statt. 
8. Juni. (Deutsches Reich.) Die Altkatholiken halten in 
Vonn unter dem Vorsitze des Bischofs Reinkens ihre siebente Synode 
ab. Es nehmen an derselben 65 Delegirte, Geistliche und Laien, 
Theil. 
9. Juni. (Deutsches Reich.) Reichskag: 3. Lesung des 
Innungsgesetzes: der streitige § 100e wird mit 120 gegen 115 
Stimmen in der Fassung der 2. Lesung genehmigt. Zwangsinnungen 
sind also definitiv abgelehnt. 
9 — 10. Juni. (Deutsches Reich.) Die Generalversamm- 
lung des Protestantenvereins beschließt in Berlin eine Reihe von 
Thesen resp. Refolutionen gegen „den (in Preußen) herrschenden 
Confessionalismus und Orthodoxismus“ und „über die Stellung 
der Kirche der Reformation zur bürgerlichen Gesellschaft"“. 
10. Juni. (Deutsches Reich.) Reichstag: lehnt den von 
der Regierung geforderten Credit für einen deutschen Volkswirth- 
schaftsrath mit 153 gegen 102 Stimmen ab. Dagegen stimmen die 
Nationalliberalen, ausgenommen v. Cuny, die Secessionisten und der 
Fortschritt geschlossen, etwa 40 vom Centrum, ferner die Polen und 
Sozialisten, die süddeutsche Volkspartei, auch Delbrück. Dafür stim- 
men beide Fractionen der rechten und eiwa 30 Mitglieder des Cen- 
trums, auch Falk. 
In der Debatte belämpft namentlich v. Bennigsen die neue In- 
stitution, die er als ein Nebenparlament erklärt und für ganz überflüssig 
erachtet, da im Reichstag und im preußischen Abg.= Hause geung Prakliker 
säßen. Er bekämpft den Gedanken, den Intereisen einzelner Stände und Classen 
eine besondere Verlretung zu geben, hebt die Abhängigkeit des projectirten Volks- 
wirkhschaftsrathes vom Reichslanzler hervor und weist darauf hin, daß die 
nene Institution leicht eine Ouelle von Reibungen zwischen jenem, dem Bun- 
desrathe und dem Reichstage werden könne. „Es ist — so wird behauptet — 
nicht Ein Wort in der kurzen und sachlichen Nede, das scharf oder feindjelig 
gegen die Regierung geklungen hätte. Aber er sagt, man solle sich hüten, 
die Grundlagen der Befan ung täglich in Frage zu stellen, und er bezeichnei 
es als die Aufgabe des Reichstags, diesje Grundlagen unangelastet zu be- 
houpten. Diese 2 gibt seiner Rede die bezeichnende Färbung. Seine 
und seiner Partei Opposition gilt nicht dieser oder jener Maßregel, sie gilt 
dem ganzen unverkennbaren Hestreben. die Rechte des Reichstags auf ein 
Minimum herabgudrücken, seinen Wirkungskreis durch die Errichtung von 
Spezial-Körperschaften zu verkleinern.“ 
12. Juni. (Deutsches Reich.) Reichstag: genehmigt die 
neuen Handelsconventionen (Meistbegünstigungsverträge) mit Oester- 
reich-Ungarn, Belgien und der Schweiz, sowie mit Rumänien. 
 
	        
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