258 Poo dentsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Anf. Oct.).
sehr heftig angegriffen worden. Anders werden die Verhältnisse, wenn die
liberale Partei sich uun im Zustande der Abwehr befindet. Dann müssen
alle liberalen Männer zu dieser Abwehr zusammentreten. Wir Ausgetretene
bilden jetzt ein Mittelglied in den liberalen Parteien. Ich betrachte mich le-
diglich als Mitglied der großen liberalen Partei. Ich werde weder der
national-liberalen noch der Fortschrittspartei wieder beitreten; ich werde
vielleicht bald mit dieser, bald mit jener stimmen. Aber wenn ich die große
liberale Partei, dieses einige Zusammenwirken aller Liberalen in
den Hauptfachen für eine Nothwendigkeit erachte, weil ich zu sehr die Ein-
flüsse kennen gelernt habe, welche neben der Macht des liberalen Bür-
gerthums thätig sind; wenn ich glanbe, daß die große liberale Partei
deßhalb nothwendig ist, weil nur Ourch diese der Einfluß in der Gesetz-
gebung und in der Gestaltung der Dinge erlangt werden kann, welcher dem
Gewicht des liberalen Bürgerthums entspricht, so glaube ich, daß, so lange
diese einige liberale Partei nicht erreicht ist, der jehige Fustald der Gste ist,
da er die Vermittlung nach beiden Seiten der Ausgetretenen gestattet. Wir
erstreben mit unferem Austrikt lediglich die Möglichkeit der Bildung der
großen liberalen Partei, die allerdings nur durch das Bedürfniß des Volkes
und von unten herauf durch denjenigen Eindruck, welchen die Abgeordneten
von ihren Wählern empfangen, in Zukunft geschaffen werden muß.“
Anfang October. (Deutsches Reich.) Prof. Adolf Wagner,
der außer in Elberfeld-Barmen noch in mehreren Wahlkreisen von
den Conservativen als Candidat für die Reichstagswahlen aufgestellt
ist, setzt in seinen Wahlreden die Agitation für das Tabakmonopol
zu Gunsten einer Arbeiter-Invaliden= und Altersversicherung fort.
In Langenzenn (Franken) erklärt er gegenüber den anwesenden Sozial-
demokraten: „Ich gebe zu, daß die Conservativen gefündigt haben, aber nicht
mehr wie die Liberalen; die Conservativen sehen es jetzt ein, daß Fehler
gemacht worden sind. Sie aber wollen einen Staat bauen, von dem Sie
nicht einmal die äußeren Umrisse kennen. Nehmen Sie doch Das, was
Ihnen hier geboten wird. Ich vertrete die Altersversicherung nur -unter der
Voraussetung, daß das Tabakmonopol hiezu dient, und ich habe vom
Fürsten Bismarck die schriftliche Erklärung, daß er derselben
Ansicht ist. Wir können aber nicht dulden, daß an Allem, was uns heilig
ist, gerüttelt wird.“ Und in Fürth: „Wenn man bez. der Arbeiter-Alters-
versicerung von einer riesigen Summe spricht, die nothwendig wäre, so ist
das große Uebertreibung. Wenn jetzt 80 Proc. für Versorgung der Armen
verwendet werden, so betrüge der Aufwand vielleicht 100 Proc.; überhaupt
ist die Frage nicht unlösbar. Die Millionen würden nur in milderer Form
bewilligt. Es ist keine Unterstützung, so wenig der pensionirte Staatsbeamte
eine solche erhält, sondern erworbenes Recht. Das Mittel zur Lösung der
mse= bietet das Tabaksmo boyol, das nach Abzug der Kosten ungefähr
0 Mill. — brächte 2c., bei 400,000 bPorsenen, welche zu unlerstühen wären,
2“7 Person 300 M jährlich eintrüge.“ „Bis je#zt bezahlte der Tabak-
consument die Kosten der Herstellung und des Ondels, an dem Gewinn
participirten Berschiedene. Wenn aber das Reich die Sache in die Hand
nimmt, so macht dieses den Gewinn und mit diesem Gewemn kann es die
Altersversorgung der Arbeiter durchführen. Bismarck ist in diesem Punct
allerdings Sozialist. Auch ich bin der Ansicht, daß man beim Monopol
eine bessere Waare bekommt, und daß eine Erhöhung der Tabakpreise gar
nicht in Aussicht steht. Natürlich müßte eine reichliche Entschädigung aller
derjenigen erfolgen, die in der Tabaksbranche beschäftigt sind.“