282 ILIEEXIITITIIIIIIIIII
dem Monarchen und der Slühe an dessen erhabener Stellung unter allen
Umständen sicher war, so bestand für ihn auch keine äußere Rücksicht, der
Opposition gegen seine so oft und nachdrücklich kundgegebenen Bestrebungen
allzu großes Entgegenkommen zu beweisen. Gespannt mußte man nur darauf
sein, ob Fürst Bismarck die neue Volksvertretung, soweit es mit den ver-
fassungsmäßigen Institutionen und deren Handhabung verträglich ist, dila-
torisch, ausweichend und wegschiebend behandeln, derselben nur die unbedingt
gebotenen Vorlagen machen, principiell und organisatorisch wichtige politische,
wirthschaftliche und soziale Reformen und Projecte vertagen uns die Absicht
bekunden oder desavoniren würde, den Kampf und eventnuell den Conflict
mit den in der Reichsvertretung ihm gegenüberstehenden Elementen und
Parteien, namentlich mit der von der gonvernementalen Presse seit Monaten
so erbittert bekämpften „manchesterlichen Fortschrittspartei“ aufzunehmen.
Die in der Botschaft angekündigten Vorlagen geben auf die mit solcher
Spannung gestellte Frage eine genügend deutliche Antwort. Von den großen
wirthschastlichen und sonlalpolitiscen Entwürfen, in deren Verwirklichung
der Kaiser und sein Kanzler die letten schönen Ideale ihres Wirkens für
Vaterland und Menschheit erblicken und ersehnen, wird grundsät lich und im
Wesentlichen nicht Abstand genommen. Freilich ist bei der Ankündigung
des weiteren Fortschreitens auf der Bahn zur Realisirung jener hohen, von
sittlich religiösen wie von humanitären und öconomischen Motiven gestellten
und getragenen Aufgaben eine vorsichtige Form gewählt, welche das consti-
tutionell gebotene legislative Zuiammenwirken. mit gleichberechtigten, wenn
nicht über das Ziel, so doch über Mittel und Wege dazu vielfach anders
gesinnten und cWeicten Kräften nicht von vornherein als ausgeschlossen oder
allzu sehr beschränkt erscheinen läßt. Der Gesetzentwurf über die Versicherung
der Arbeiter gegen Betriebsunfälle wird mit Rücksicht auf die Verhandlungen
des vorigen Reichstags einer Umarbeitung unterzogen; eine gleichmäßige
Organisation des gewerblichen Krankencassenwesens soll jenem Entwurf zur
Seite treten, und für die Akters= und Invaliditätsversorgung, den weitans-
r*rssmm und bestrittensten der idealen sozialpolitischen Wohlfahrtspläne,
wird ein Zusammenfassen der realen Kräfte des Volkslebens in der Form
corporativer Genossenschaften als das zu wählende Mittel angedeutet, indessen
noch kein wirklicher Gesehentwurf für die nächsten Sessionen in Aussicht ge-
stellt. Neben den sozialpolitischen sind es die steuer= und wirthschafts-
politischen Puncte der Botschaft, welche dem Programm der Neichsregierung
vorzugsweise die Signatur geben. Ueber die durch Abschaffung directer
Steuern und die weitere Ansbildung des indirecten Steuersystems erstrebte
Erleichterung der Steuerträger und der Gemeinden wiederholt die Botschaft
bereits Bekanntes, unter ausdrücklicher Verwahrung gegen fiscalische und
reactionäre Hintergedanken, fügt aber als höchst beachtenswerthes Novum
hinzu, daß nach der Ueberzeugung der Reichsregierung und „nach den in
benachbarten #tern gemachten Erfahrungen“ der sicherste Weg zur Er-
reichung des angestrebten Zieles die Einführung des alekmonorele sei,
über welche die Entscheidung der *r7½ gebenden Körper des Neiches herbeizu-
führen beabsichtigt werde. Da für diese Entscheidung im Reichstage kein
zustimmendes Votum zu erwarten ist, muß die Ankündigung derselben als
dasjenige Moment betrachtet werden, in welchem sich die Entschlossenheit
der Regierung zur Herbeiführung einer Krisis in ihrem Zusammenwirken
mit dem Reichstag am entschiedensten bndpiol Es ist dieß der Punct,
wicher am meisten dazu beiträgt, der Botschaft den in liveralen Kreisen
ihr eigelegten aLharacter eines Fehebriefes zu impröiren, Lichtvoll da-
gegen sich abhebend ist die Schlußstelle über die auswärtige Politik dieß-
mal besonders effectreich. Die Absicht i#t füher dem blödesten #re erkennbar,