Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

Has deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Nov. 28.) 287 
wolle, hat Fürst- Bismarck bei dem Bundesraths-Diner und weiter nochmals 
auch bei einem Diner des Vorstands des Reichstags erklärt. Lasker gegen- 
über sagt er bengogen, das slehe noch keineswegs fest; man hat aber den 
Eindruck, als ob diese Wendung dadurch hervorgerufen wurde, daß Lasker 
seine Befriedigung über den Entschluß des Reichskanzlers ausdrückte, sich auf 
die auswärtige Politik zwücksgiehen. 
Die erste Rede des Reichskanglers laulet vollständig nach den 
leoallshe Vergachluetgen also: „Aus der Rede des Herrn Vorredners 
Windthorst) und schon aus der Veiprechung der ganzen Frage in den 
t Blättern habe ich ersehen, daß die ganze e egenheit, wie mir 
scheint, zu sehr von dem einseitigen bamburgischen Standpuncte aus betrachtet 
wird, aus dem Standpunct der Frage: ist es für Hamburg nühlich oder 
nicht! und daß der Herr Vorredner zu der Conclusion kommt, daß, wenn 
es für Hamburg nügllich wäre, Hamburg auch allein die Koslen tragen 
möge, wenn es aber für Hamburg nicht nüblich wäre, dann sei es über- 
haupt nicht nühlich. s#erch der Herr Vorredner, einer unserer scharfinnigsten 
Politiker, verschließt daher den Blick für das große Interesse, das da 
Reich seinerseits daran nimmt und nehmen muß, daß seine größte int 
stadt von ihm nicht durch eine Zolllinie gelreunt sei. Wenn Sie glauben, 
meine Herren, daß das eine gleichgiltige Sache ist, so denken Sie sich doch 
einmal den Fall, daß alle unsere Häfen in Deutschland durch eine Zoll- 
linie vom Finnenlande getrennt wären. Ich weiß nicht, ob es für die 
Häfen selbst ein Glück sein würde, ich glaube es nicht, denn ich habe ge- 
funden, daß in ganz Enropa- diejenigen Hafenstädte, die mit Freihafens- 
privilegien gesegnet waren, auf die Daner nicht daran festgehalten, ja, wenn 
nicht andere politische Vortheile und Bestrebungen sich damit krenzien, sich 
bemühtl haben, diese Privilegien als onerose mit der Zeit t los zu werden. 
Aber denken Sie sich den Fall, daß auch Stettin, auch Danzig, auch Königs- 
berg, alle unsere Handelsstädte vom innenlnd durch eine Zolllinie ge- 
trennt wären, daß alle unsere Handelsstädte Freihäfen im Sinne von Bremen 
und Hamburg und alle für uns Zollausland wären. Ist wirklich einer 
unter Ihnen, meine Herren, der behaupten will, daß das für das gesammte 
Binnenland eine gleichgiltige Sache wäre, daß es nicht eine gewaltige 
Schädigung des Binnenlandes wäre, von dem directen, unvergollten und 
durch keine Zolllinie zunterbrochenen- Verkehr mit den jämmtlichen Hafen- 
städten abgeschnitten zu sein: So aber liegt in Bezug auf Hamburg die 
Frage für das gesammte Elbegebiet, zu dem auch unsere Hauptstadt gehört, 
und noch weiter als für das Elbegebiet, deun der Rayon von Hamburg 
und die Fühlbarkeit der Blüthe oder Nichtblüthe des Verkehrs mit Ham- 
burg erstreckt sich bis nach Bayern, tief nach Oesterreich hinein, umfaßt 
Schlesien, umfaßt mehr als der Stetliner Handel, kurz, das ganze Reich ist 
bei dem Hamburger Handel interessirt. Ich kann hier in den Beweis dieser 
Wahrhet nicht eintreten, ich glaube aber, sie liegt ganz offen guf der Hand, 
es wird von Niemand, wenn die Frage klar gestellt wird, so wie i 
u stelle, bestrilten werden, daß das Reich selbst und das ganze Gebiet, auf 
das der Hamburger Handel sich erstreckt, ein sehr großes Interesse daran 
bat, mit seiner Haupthandelsstadt zu demselben Zollgebiet zu gehören. Ja, 
Elbegebiet, das gesammte Hamburger Handelsgebiel, hat ein Recht 
n die Stadt, deren Blüthe auf dem Verkehr beruht, auf der In- 
dustrie dieses — ich nenne es einmal Elbegebiets, obschon es sehr viel 
weiter reicht. Nur auf der Basis dieses Gebiets kann eine Handelsstadt 
von 300,000 Einwohnern an der Mündung dieses Stromes sich festsetzen 
und bestehen und es gehört zur Vervollständigung des ganzen Handels= und 
Wirthschaftssystems dieses gesammten Handelsgebiets der freie Verkehr, der 
  
  
 
	        
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