Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

288 Paos deufsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Nov. 28.) 
Inwort und Expork seiner Haupthandelsstadt. Ich muß daher bestreiten, 
daß das Neich kein Interesse hätte, irgend welche Summe zu begahlen; ob 
sie zu hoch vder zu niedrig gegriffen ist, darüber kann ich nicht rechten, das 
sind Details, die sich meiner Entscheidung entziehen. die habe ich auch meiner- 
seits unerwogen so annehmen müssen, wie sie mir geliefert worden ist. 
nache aber darauf aufmerksam, daß uns alle Geldsummen heutzutage zum 
Nachtheil des finanziellen Interesses, seit wir in Mark rechnen, viel höher 
erscheinen, als sie uns in Thalern erscheinen würden, und auch dadurch, daß 
man die ganze Summe als Kapital in Ansatz bringt, als Kapital, das an- 
geblich in einer Summe aufzubringen und zu zahlen wäre. Wenn Sie die 
Rechnung in die uns allen nach langjähriger Gewohnheit noch vertraute 
Thalerrechnung umsetzen, so sinden Sie, daß es sich um die Ausbringung 
von jährlich etwa einer halben Million Thalern, von 500,000 Thalern 
Zinsen handelt, 4 Proc. von dem Kapital, welches hier in 40 Millionen 
Mark ausgedrückt wird. Ist das wirklich ein so ungeheures Opfer für das 
deutsche Reich, 500.000 Thaler jährlich mehr aufzubringen, um mit seiner 
Haupthandelsstadt in denselben Zollverein zu gelangen, um die Reichsver- 
fassung in einem ihrer wichtigsten und früher immer vorzugsweise betonten 
Principien, dem Art. 33, endlich auszuführen, ein einheitliches Zoll= und 
Handelsgebiet zu schaffen, um diese nalionale Forderung zu verwirklichen 
und um diejenigen Zusagen einzulösen, die der Stadt Hamburg bei der Ver- 
handlung über ihren Beitritt gegeben worden sind, daß, wenn sie genöthigt 
sein würde, in Zukunft Entrepoteinrichtungen zu machen, daß dann das 
Reich einen wesentlichen Zuschuß dafür leisten würde? Ich erinnere mich, 
daß damals im Jahr 1867, wie hierüber verhandelt worden ist, gar kein 
Zweisel darüber bestand, daß die Freihafeneinrichtung, die zum Vortheil 
Hamburgs getroffen werden sollte, eine provisorische sei, durch die ein 
ebergangsstadium — als solches betrachtete man es damals gang zweifellos 
von beiden Seiten — den betheiligten, bis dahin mit dem Auslande frei 
verkehrenden Städten erleichtert werden solle, und daß schon damals An- 
schläge gemacht wurden, was die Entrepoteinrichtungen ungefähr kosten 
könnten, ohne deren Herstellung die Einbeziehung Hamburgs in den Zoll- 
verein nicht thunlich sein würde, daß damals Summen von 6 Millionen 
Thalern genannt worden sind, Summen von 10 Millionen Thalern, und 
daß die Frage urgirt worden ist: werden diese Summen vom Reich allein 
zu tragen sein? — so lantete damals die Frage — oder wird das Reich 
zwei Drittel oder die Hälfte und Hamburg das Uebrige tragen: Auch 
Hamburg faßte damals die Einbegiehung als überwiegend im Interesse des 
Neichs und unserer nationalen Eutwicklung liegend auf und war der Mei- 
nung, daß ein Zuschuß von 6 bis 10 Millionen Thalern dann wohl ge- 
leistet werden würde. Es liegt n meinem Gefühl nach eine Art von 
Ehrenpflicht inmitten, die damals Hamburg gegenüber übernommen worden 
ist, allerdings in der Voraussehung, daß auch Hamburg die Ehrenpflicht, 
die es meiner Ueberzgeugung nach damals übernommen hat, halten und seiner- 
seits den ersten Augenblick, wo das Freihafensystem bestand, und die Jahre, 
die seitdem verflossen sind, dazu benuhen würde, um das Endresultat vorzu- 
bereiten, die Zollscheidewand zwischen sich und der übrigen Nation fallen 
lassen zu können. Diese Pflicht ist allerdings von Hamburg nicht innege- 
halten. Wenn ich in Folge dessen gine resson mit berechtigten Mitteln 
geübt habe, und soweit ich sie geübt habe, so, glaube ich, ist es ungerecht, 
mich dafür anzuklagen; im Gegentheil, ich sollte dafür gelobt werden, wenn 
ich strebe, im nationalen Sinn die nationalen Zwecke des Reichs zu Ende zu 
führen, und wenn ich dazu diejenigen gesehlichen Mittel in Anwendung 
bringe, die geeignet sind, Hamburg die Voraussetzungen in Erinnerung zu
	        
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