Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 5 -7.) 5
und der gänzlich nach Raum und Zeit unbeschränkten Verfügung über die
Waaren, der dadurch ermöglichten sorgfältigen Behandlung und Bearbeitung
derselben, sowie auf den Platzspesen beruht, die bei jeder Zollbehandlung
unbedingt vertheuert würden. Diese Vorzüge konnten nur bei der vollkom-
men freien Bewegung sich entwickeln. Vom Standpunkt des Interesses des
Hambuger Handels wird die Fortdauer des bestehenden Zustandes für das
Wünschenswertheste gehalten, um so mehr, als die veränderte Zollpolitik des
Vorjahres die Schwierigkeit eines Zollanschlusses erheblich gesteigert hat, und
als auch für die wirthschaftlichen Interessen des Reiches in einer solchen
Aenderung ein Vortheil nicht erblickt werden kann. Die Hamburger Han-
delskammer ist deßhalb der Ueberzeugung, daß sowohl ein ausreichendes
Freihafengebiet beibehalten als auch weitgehende Erleichte-
rungen in den Regulativen eingeführt werden müßten.“ — Deß-
halb sind alle Bemühungen der Zollanschlußpartei vorerst fruchtlos und
führen denn auch die zur Agitation für den Zollanschluß auf diesen
Tag in demonstrativer Weise von ihr in den verschiedenen Stadttheilen ein-
berufenen 36 Versammlungen zu einem gänzlichen Fiasco. Der größte Theil
der angekündigten Versammlungen kommt, da der Besuch ausbleibt, gar
nicht zu Stande, in fast sämmtlichen übrigen sehr schwach besuchten Ver-
sammlungen werden dagegen sogar Resolutionen gegen den Anschluß mit
überwiegenden Mehrheiten angenommen.
5. Januar. (Deutsches Reich.) Der Reichskanzler kehrt
nach Berlin zurück und übernimmt wieder vollständig die Leitung
der Geschäfte. Graf Limburg-Styrum fährt fort, das Departement
des Auswärtigen provisorisch wie bisher zu besorgen und unter ihm
fungirt Leg.-Rath Busch thatsächlich als Unterstaatssecretär, obgleich
die Stelle etatsmäßig noch nicht bewilligt ist. Graf Hatzfeld, der
deutsche Botschafter in Konstantinopel bleibt der designirte Candidat
für das Ressort. Die Rückkehr des Reichskanzlers nach Berlin wird
allgemein mit der bevorstehenden Berathung des sog. Verwendungs-
gesetzes im preuß. Abg.-Hause in Verbindung gebracht.
6. Januar. (Preußen.) Die Stadtverordnetenversammlung
von Berlin wählt den Israeliten Straßmann troß aller Antisemiten-
Agitation der Stöcker, Henrici, Förster etc. doch wieder mit 97 von
120 Stimmen zu ihrem Präsidenten.
6. Januar. (Württemberg.) Die württembergische „Volks-
partei“ beschließt auf einem Tage in Stuttgart, behufs Erprobung
ihrer Stärke bei den in diesem Jahr bevorstehenden Reichstags-
wahlen überall selbständige Candidaten aufzustellen.
7. Januar. (Deutsches Reich.) Der „Centralverein der
deutschen Wollwaaren-Fabrikanten“ beschließt auf seinem Congreß
in Leipzig einstimmig folgende Resolution gegen die bisherige Frei-
hafenstellung Hamburgs und Bremens:
„Der Centralverein deutscher Wollwaaren-Fabrikanten erklärt: 1) Die
Freihafenstellung von Hamburg und Bremen erschwert den wirthschaftlichen
Gesundungsprozeß in Deutschland. 2) Der Zollanschluß derselben ist daher