314 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Dec. 22—28.)
ständen in keinem Widerspruch. Das Aufhören des Königsberger Getreide-
verkehrs mit Rußland würde nicht nur die nächstbetheiligten 2113 Personen,
sondern ganz Königsberg mit seinem provinciellen Hinterland und der ost-
preußischen Landwirthschaft treffen.
2. December. (Bayern.) I. Kammer: lehnt die von der
ultramontanen Mehrheit der II. Kammer beschlossene Wieder-
abschaffung der obligatorischen Civilehe ihrerseits mit 31 gegen 17
Stimmen ab.
22. December. (Bayern.) In Folge der Neuwahl eines
Theils des Magistrats besitzen nunmehr die Ultramontanen die
Majorität in beiden Gemeindecollegien der Stadt München.
24—25. December. (Preußen.) Leg.-Rath Busch trifft von
Rom wieder in Berlin ein. — Ein Secretär der päpstlichen Nun-
tiatur in München besucht Paderborn und Osnabrück und conferirt
mit den dortigen Domcapiteln. Man vermuthet, daß der hl. Stuhl
denselben nur ein beschränktes Wahlrecht zurückgegeben habe, d. h. die
Domcapitel hätten nur unter bestimmten Perfönlichkeiten, über welche
man sich zwischen Berlin und Rom bereits geeinigt habe, zu wählen.
In den zwölf vorhandenen preußischen Diöcesen stellen sich die Zu-
stände am Ende des Jahres wie folgt dar: Die drei Diöcesen Culm, Erme-
land und Hildesheim sind im Besitze ihrer alten, langjährigen Bischöfe.
Die durch den Tod erledigten Bisthümer Fulda und Trier sind durch die
Berufung der Herren Dr. Kopp und Korum als Bischöfe neu besetzt worden,
so daß diese fünf Diöcesen von Bischöfen verwaltet werden. In den Diöcesen
Breslau, Osnabrück und Paderborn fungiren die drei Bisthumsverweser
Gleich, Dr. Höting und Dr. Drobe. In Folge der berichtlichen Absetzung
der Bischöfe Melchers, Graf Ledochowski, Dr. Blum und Dr. Brinkmann
sind die Diöcesen Köln, Posen-Guesen, Limburg und Münster unbesetzt, so
daß im Ganzen in Preußen sieben Bischöfe fehlen.
27. December. (Deutsches Reich.) General Graf Waldersee
wird unter dem Titel eines Generalquartiermeisters der Armee dem
Grafen Moltke beigegeben, um ihn in seinen Functionen als Chef
des großen Generalstabs zu unterstützen.
28. December. (Deutsches Reich.) In Essen protestiren
3000 Bergleute in einer Adresse an den Reichskanzler gegen die Be-
hauptung des Vereins zur Wahrung der wirthschaftlichen Interessen
des Rheinlandes und Westfalens, daß in Folge der neuen Wirth-
schaftspolitik sich auch die Lage der Arbeiter verbessert habe. Die
Löhne seien nicht gestiegen, wie der Verein in einem an den Reichs-
kanzler gerichteten Telegramm constatirt hatte.
28. December. (Preußen.) Der Oberpräsident von Ost-
preußen, v. Horn, mit dem die Regierung bez. seiner Haltung bei
den Reichstagswahlen nicht zufrieden ist, erhält die, allem Anscheine