Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

Die Gellerreichisch-Uugarische Monarchie. (Jan. 4—5.) 327 
schlossen werden können und ohne daß ihnen dann das Recht der Berufung 
an die Generalversammlung zustehen würde. Die Statthalterei findet, daß 
hiedurch der Ausschuß eine unumschränkte Macht über den Verein ausüben 
und den ganzen Verein beherrichen würde. Im übrigen wiesen die Statulen 
grobe Verstöße gegen das Vereinsgesetz auf; so zum Beispiel sei der Sitz des 
Vereines gar nicht, die Modalität der Aufnahme von Mitgliedern unklar 
angegeben u. s. w. 
4. Februar. (Oesterreich-Ungarn.) Die Verhandlungen 
mit Serbien wegen eines Handelsvertrags werden wieder auf- 
genommen. 
Die Aussichten auf ein Zustandekommen geslalten sich etwas günstiger, 
namentlich dadurch, daß man sich über die Definition des „Grenzverkehrs" 
dahin einigt, daß dieser nicht auf einen Rayon örtlich beschränkt werden 
joll, sondern daß der Verkehr in gewissen Artikeln ohne Nücksicht auf die 
örtliche Ausdehnung als Grenwerkehr zu betrachten sei. Solche Artikel 
sollen nur die Hälfte des zu vereinbarenden Zolls bezahlen und die Begün- 
stigung den sog. meistbegünstigten Staaten nicht zukommen. Dagegen be- 
stehen noch große Differenzen darüber, welche Artikel in dieser Weise als 
Grenzverkehr behandelt werden sollen. Als Aequivalent fordert Serbien eine 
für dasselbe unbedingt erforderliche Ermäßigung der österreichischen Zölle 
auf Schweine und Hornvieh. Gegen jene Umgehung des Meistbegünstigungs- 
princips legt der Vertreter Englands in Belgrad eine Art Protest ein. 
4. Februar. (Oesterreich.) Reichsrath: In der Fraction 
Hohenwart droht eine Spaltung auszubrechen, die nur mit Mühe 
vorerst wieder verkleistert werden kann. Die clericale Unterabtheilung 
der Fraction droht auszutreten, da ihr die Grundsteuerfrage durch 
die daraus hervorgewachsene Bauernbewegung schwere Sorgen bereitet 
und die Rechte wenig geneigt scheint, ihren clericalen Antrag auf 
Verkürzung der Schulpflichtdauer zu unterstützen und durchzuzwingen. 
Die Stellung des Ministeriums Taaffe ist aber eine so schwache, 
daß auch das kleinste Fractiönchen im Falle ist, ihm unter der 
Drohung seines Abfalls Bedingungen zu stellen. 
5. Februar. (Böhmen.) Die czechischen Organe erklären, 
daß die 162,000 czechischen Bewohner Prags die Errichtung eines 
(von der deutschen Lesehalle beschlossenen) Schillermonumentes auf 
einem öffentlichen Platze Prags den 22,000 Deutschen nie gestatten 
und nie und nimmer dulden würden. 
6. Februar. (Tirol.) Die Bauernbewegung gegen die Er- 
höhung der Grundsteuer sowie der Haus= und Gebäudesteuer hat 
auch Tirol ergriffen. Eine aus allen Landestheilen besuchte Bauern- 
versammlung in Junsbruck beschließt eine Deputation an den Kaiser 
und verlangt von den tirolischen Reichsrathsabgeordneten ein Votum 
gegen die Erhöhung jener Steuern und zwar „bei Verlust ihres 
Mandates“. Die Liberalen fördern die Bewegung; es ist indeß
	        
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