Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

330 Hie Oesierreichisch-Angarische Monarchie. (Febr. 25 - März 2.) 
verordnung der Regierung von 1880 keineswegs das Verordnungs- 
recht derselben überschritten habe und keinem bestehenden Gesetze 
widerspreche. Die Liberalen melden ein motivirtes Minoritäts- 
votum an. 
25. Februar. (Oesterreich.) Neichsrath: Die am 11. d. M. 
begonnene Debatte über den clericalen Antrag Lienbacher bez. der 
8jährigen Schulpflicht kommt endlich zum Abschluß: 
Das Haus beschließt mit 165 gegen 152 Stimmen, in die Special= 
debatte des Antrags einzugehen. In dieser gibt Giovanelli Namens der 
Tiroler Abgeordneten die Erklärung ab, daß er die Rechtsverbindlichkeit der 
Schulgesetze nicht anerkennen könne, weil sie der Kirche und der Familie die 
ihnen gebührenden Rechte nicht einräumen. Sturm fordert zur Beschluß- 
fassung über § 1, welchen er Namens der Verfassungspartei als eine Ver- 
fassungsänderung zu betrachten erklärt, die Zweidritlel-Mehrheit. Präsi- 
dent Graf Coronini erklärt: er halte die Zweidrittel-Mehrheit nicht für 
nothwendig, und zählt Präcedenzfälle auf, in welchen den Landtagen vom 
Neichsrath gewisse Rechte mit einfacher Mehrheit eingereumt wurden. 
Sturm erklärt Namens seiner Gesinnungsgenossen, daß er diese Deschlaße 
fassung für verfassungswidrig, i!t für null und nichtig ansehe. Bei der 
namentlichen Abstimmung wird § 1 milt 165 gegen 152 Stimmen ange- 
nommen und das Gesetz zum Beschluß erhoben. 
— Februar. (Ungarn.) Die Regierungsorgane beschäftigen 
sich von einem nicht sowohl statistischen als politischen Standpuncte 
aus mit der letzten Volkszählung, um aus dem vagen Ausdruck 
„Muttersprache“ wenigstens 7 Millionen Stockmagyaren herauszu- 
schlagen, obschon bei der Zählung im Jahre 1869 nur etwa 5½ 
Millionen figurirten, und die Bevölkerungszunahme sehr gering 
scheint. 
1. Märg. (Oesterreich-Ungarn.) Eröffnung einer sogen. 
Consörence à quntre (Oesterreich-Ungarn, Pforte, Serbien und Bul- 
garien) in Wien, um die für Oesterreich-Ungarn überaus wichtigen 
Anschlüsse der bulgarischen Bahnen nach Artikel 10 des Berliner 
Vertrages zu verhandeln. Oesterreich-Ungarn legt ihr dafür einen 
Entwurf vor. 
2. März. (Krain.) Der Oberste Gerichtshof fällt eine Ent- 
scheidung, durch welche grundfätzlich ausgesprochen wird, daß in Krain 
als landesübliche Gerichtssprache ausschließlich die deutsche Sprache 
zu gelten habe. Es können wohl im Verkehr mit den Parteien Er- 
leichterungen eintreten, die Bescheide und Urtheile sind jedoch ledig- 
lich in dentscher Sprache abzufassen. 
2. März. (Oberösterreich.) Die Statuten des oberöster- 
reichischen Bauernvereins erhalten endlich etwas modificirt die Ge- 
nehmigung der Regierung.
	        
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