Die Gellerreichisch-Uugarische Monarhie. (März 31 — April 3.) 337
31. Märg. (Oesterreich.) Neichsrath: der (ezechische) Justig=
minister Prazak beantwortet eine Interpellation der slovenischen Ab-
geordneten Schneid und Tonkli über den Gebrauch der slovenischen
Sprache bei den Gerichten in Krain und im RKüstenlande sehr ent-
gegen kommend und in scharfem Gegensatze gegen die Entscheidungen
des obersten Gerichtshofs.
31. März. (Böhmen.) Die Regierung Taaffe entscheidet
sich in der Frage der Universität Prag ganz zu Gunsten der Czechen
und für eine Zweitheilung der bestehenden Hochschule. Die Ein-
leitung dagn soll sofort auf administrativem Wege durch Bildung
einer gesonderten czechischen juridischen und philosophischen Farultät
getroffen werden. Das Schicksal der Universität ist damit principiell
und thatsächlich besiegelt. Für die Vollendung bedarf es freilich
eines legislativen Acts des Reichsraths; Schwierigkeiten sind dieß-
falls jedoch nur allenfalls vom Herrenhaus zu gewärtigen und selbst
das ist zweifelhaft.
— Märg. (Oesterreich-Ungarn.) Ein vom 12. Januar
l. J. datirter Staatsvertrag mit Belgien wegen gegenseitiger Aus-
lieserung von Verbrechern wird veröffentlicht.
Art. 3 desselben enthält die Bestimmung: „Als politisches Delict
oder eine mit einem solchen Delicte zusammenhängende Handlung soll nicht
angesehen werden ein gegen die Person des Oberhauptes eines fremden
Staates oder gegen Mitglieder seiner Familie verübtes Attentat, wenn dieses
den Thatbestand eines Mordes, eines Meuchelmordes oder einer Vergistung
darstellt.“
1. April. (Krain.) Der Unterrichtsminister v. Conrad macht
den Slovenen die Concession, daß an der Lehrer-= und Lehrerinnen-
Bildungsanstalt in Laibach für die meisten und wichtigsten Gegen-
stände künftig statt der deutschen die flovenische Sprache als Unter-
richtssprache zu gelten habe.
2. April. (Oesterreich.) Reichsrath: genehmigt die von der
Regierung geforderte Emission von 50 Millionen 5 % Papierrente
behufs Deckung des vorjährigen Deficits.
3. April. (Oberösterreich.) Die Wanderversammlung des
oberösterreichischen Bauernvereins ertheilt den sämmtlichen sieben
Vertretern des oberösterreichischen Bauernstandes wegen der Grund-
steuerfrage einstimmig ein „entschiedenes Mißtrauensvotum“ und
fordert sie „bei Ehre und Gewissen auf, diese ihre zum entschiedenen
Nachtheile des Bauernstandes ausgeübte Thätigkeit sofort einzu-
stellen.“
Schulthess, Europ. Geschichtskalender. XXI1. Bd. 22