Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

Die Oesterreichisch--Angarische Monarchie. (Nov. 19.) 389 
da einer der 14 bloß vom lebenslänglichen zum erblichen Milglied 
ernannt worden ist. Die Regierung muß endlich doch wohl auf 
eine Mehrheit für ihre Pläne auch im Herrenhause zählen können. 
19. November. (Oesterreich.) Reichsrath: die beiden bisher 
getrennten Clubs der Verfassungspartei verschmelzen sich in eine 
Partei und constituiren sich als „Vereinigte Linke“. 
Das Programm und die Statuten der neuen Parlei haben solgenden 
Wortlaut. Programm: „Durchdrungen von der Nothwendigkeit, feste 
Grundlagen für das einheitliche parlamentarische Borgehen zu gewinnen — 
veranlaßt durch die allgemein empfundenen Gefahren, denen die geschichtlich 
begründete und von den Exislenzbedingungen des Staals unzertrennliche 
Stellung der Deutschen ausgesetzt ist — in der Grlenntniß, daß die gegen- 
wärtige Regierungspolitik die Staatseinheit, die freiheillichen und culkurellen 
Inslitutionen und die nationalen Inleressen der Deutschen, sowie die jener 
anderen Volksstämme, welche in Verbindung mit den Deutschen freiheitlichen 
und culturellen Fortschritt anstreben, gefährdet — vereinigen sich die Unter- 
zeichneten zum Schut dieser bedrohten staatlichen und nationalen Interessen, 
zunächst zur Bekämpfung der gegenwärtigen Regierunge spolitik, in einem 
parlamentarischen Club, welcher den Namen führt: „Vereinigte Linle.“ Zu- 
gleich haben sich die anterzeichneten in der Annahme der nachstehenden Sta- 
tuten geeinigt 
on Erte des Bureaus der vereinigten Verfassungsparlei wird ein 
officieller Bericht über die Parteifusion ausgegeben, der mit folgenden 
Sähen beginnt: „Zum ersten Male, seitdem die Verfassung ins Leben ge- 
treten. sohen die deutschen Liberalen und ihre Freunde, die Verfechter der 
Einheit des österreichischen Staates, stramm geeinigt zusammen. Selbst in 
Zeiten gemeinsamer Gefahr flegten sie bisher getrennt in zwei, drei und 
oft noch mehr Clubs und nur von Fall zu Fall eine Vereinbarung suchend, 
vorzugehen. Seit heute gibt es nur einen einzigen einheitlichen, bei aller 
Schonung der Ueberzeugungstreue strammorganisirten, disciplinirten Club, 
welcher alle Elemente vereinigt, denen die geschichtliche Stellung des Deutsch- 
thums in Oesterreich, denen Cultur und Freiheit und die Einheit und Machi- 
siellung Oesterreichs mehr ist, als eine wohlklingende Phrase. Durch die 
schwere Noth der Zeit gedrängt und gewihigt durch den Schaden, welchen 
die durch sie vertretenen Interessen in Folge der Zersplitterung kostbarer 
Kräfte in fruchtlosen Reibungen erlitten, entschlossen sich die beiden Clubs, 
welche bisher bestanden, dem Wunsche der Verkrauensmänner des deutsch- 
österreichischen Parteitages entsprechend. zur Bildung des einheitlichen Clubs, 
des zusn b2 der vereinigten Linken.“ Zu Schanden gemacht find die hämischen 
Prophezeiungen der Feinde des Deutschthums und der Staatseinheit. Die 
deutschen Liberalen und ihre Freunde haben sich über kleine Verschieden= 
heiten hinweggesetzt, um mit ungetheilter Kraft einzustehen für die großen 
gemeinsamen Güter: Staatzeinheik, Freiheit und Deutschthum Möchte doch 
dieses Beispiel der Unterordnung unter ein großes Ziel auch in den Kreisen 
derer Nachahmung finden, aus denen der getreue Abgeordnete seine besten 
Kräfte schöpft, in den Kreisen der Wähler.“ 
Nachdem die beiden Clubs in gesonderten Berathungen beschlossen 
hatten, sich auf Grund des vorgelegten Programms zu vereinigen, begibt 
sich der Fortschrittsclub in corpore in den Sitzungssaal, wo der Club der 
Liberalen die in den neuen Club Gekommenen mit stürmischem Beifall be- 
grüßt. Nach kurgen Ansprachen wird zur Conslituirung geschritten. In 
 
	        
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