Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

Frankrrich. (Febr. 21—24.) 439 
21. u. 22. Februar. Kammer: die Regierung wird in Folge 
von Enthüllungen des englischen Blanbuchs über Griechenland bez. 
der Sendung von 30,000 Gewehren nach Griechenland und bez, der 
Sendung des französischen Generals Thomassin dahin zuerst von 
Deves (Linke) und am folgenden Tage von Leugle (Bonap.) inter- 
pellirt. Die Regierung vertheidigt sich lebhaft, ohne daß die gange 
Angelegenheit völlig klar wird. Doch lehnt die Kammer den An- 
trag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit 303 gegen 
109 Stimmen ab. Gambetta vertheidigt sich gegen den Vorwurf 
einer geheimen Nebenregierung. 
Gambetta: „Seit langem hat man über die Nolle des Mannes der 
Ihnen gegenüber sleht, Fabeln auf Fabelu verbreitet. Ich habe nie eine 
Gelegenheit gesucht, all, dieß zunichte zu machen, weil diese Legenden fast 
immer nur die innere Politik berührten und ich es von keinem besonderen 
Belang hielt, sie zu beseitigen. Aber da man nun von der Nolle, der 
Thätigkeit und der Einflußnahme spricht, die man mir auf dem Gebiete der 
auswärtigen Politik, also auf einem Punkte zuweist, wo man Frankreich 
selbst nicht indirect anrühren und verleben darf ohne Hochverrath zu begehen, 
so bin ich meinen Collegen Erklärungen schuldig, wie ich meinem Lande die 
absolute Wahrheit schuldig bin. Nun wohl, meine Herren, ich betheure vor 
Ihnen, trotz aller Voreingenommenheiten. welche Ihren Geist nach der Lectüre 
der verschiedensten Blätter, die mir bald diese Intervention, bald jene Ein- 
mischung zugeschrieben, erfüllen albmten. ich kann sagen, ohne Furcht, von 
den Ministern, die da sind und die Sie nicht für frei halten, oder von 
jenen dementirt zu werden, welche gestürzt sind und die mindestens ihre 
Freiheit wiedergewonnen zu haben scheinen, daß ich niemals, zu keiner Stunde, 
weder von smahem noch von weitem intervenirte, ich jage nicht um einen 
Rath zu geben — ich hatte nicht das Necht dazu und mein Mandat ermäch- 
tigt mich nicht dazu — sondern um in irgend einem Maß auf ihre Mei- 
nungen und ihre Entschließungen zu drücken. Ich denke, daß alle Welt hier 
die Freiheit des Handelus wiederfindet. Nun wohl, ich fordere jeden Minister, 
jeden Agenten Frankreichs, im In. und im Auslande, ob er in den Bureaux 
arbeitet oder auf einer Sendung ist, heraus, zu sagen, ob ich eines Tages 
der zu irgend einer Stunde ihm Weisungen oder ein Mandat gegeben habe; 
fordere sie heraus zu sagen, ob es jemals ein heimliches Cabinet und 
eene geheime Politik, die eine ankinationale Politik wäre, neben der Regierung 
der Republik gegeben hat. Meine HH., ich rede mit Wärme, weil mich 
schon lange das Gefühl drückt, mich in allen meinen Absichten und in allen 
meinen Handlungen verleumdet zu sehen. Ich bin hier, um meinen Theil 
von Verantwortlichkeit als Abgeordneter in Anspruch zu nehmen. An dem 
Tag, wo ich berufen würde, eine andere Rolle zu erfüllen, da würde ich die 
Begentworlung für meine Handlungen in Anspruch nehmen; aber bis dahin 
ist es meine erste Pflicht, die Action der Anderen frei und intact zu lassen, 
4½7 auf meinem Siße oder auf der Tribüne, und dieß habe ich slels 
gethan. 
24. Februar. Senat: Broglie, von den Erklärungen der Re- 
gierung in der Kammer bez. der Sendung von Waffen und des 
Generals Thomassin nach Griechenland nicht befriedigt, interpellirt
	        
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