Krankreich. (März 29 — April 5.) 443
29. März. Der Pariser Gemeinderath beharrt durch eine
Tagesordnung auf seinem Tadelsvotum gegen den Polizeipräfecten
Andrienx. Die Negierung läßt es gut sein, da sie den Polizei=
präfect nicht abberufen kann, ohne sich selbst zu desavoniren, und
auch den Gemeinderath nicht auflösen kann, da Andrieur in Paris
entschieden unpopulär ist und die Gemeinderäthe sicherlich alle wieder
gewählk würden, also ein kleines Seitenstück zu der Wiederwahl der
363 zu gewärtigen wäre, das für die Regierung am Vorabend der
Abgeordnetenwahlen sehr bedenklich sein müßte.
31. März. Kammer: bewilligt 6 Millionen Fr. für die Opser
des Staatsstreichs vom 2. December 1851.
31. März. Wiederholte Einfälle tunisischer, aber unabhängiger
und dem Bey nicht unterworfener Stämme und Naubgige derselben,
namentlich der Krumirs, nach Algerien veranlassen die Regierung
zu Absendung von Truppen an die tunisische Grenze, doch vorerst
noch mit dem stricten Befehl, die Grenze nicht zu überschreiten.
Die tunisische Frage wird nachgerade sehr ernst: die öffentliche Mei-
nung drängt sichtlich auf Einschreiten in Tunis, die Regierung hält
dagegen noch möglichst zurück.
2. April. Kammer: beendigt die Verathung des vom Senat
herabgelangten Zolltarifs: die Ansätze des Senats sind mehrfach
wieder ermäßigt worden.
3—7. April. Die Regierung beschließt gegen Tunis nunmehr
activ vorzugehen: sie ertheilt den Militärbehörden in Algier den
Befehl, die räuberischen Stämme zu züchtigen und dabei eventuell
die tunisische Grenze zu überschreiten. Gleichzeitig werden in Frank-
reich selbst die Vorbereitungen für die Mobilisirung hinreichender
weiterer Truppen getroffen und ist die Mittelmeerflotte in Toulon
zum Auslaufen bereit. Von den Kammern aber wird ein (freilich
lächerlich und doch wohl absichtlich kleiner) Credit von 5,695,000 Fr.
gefordert und von beiden sofort einstimmig gewährt. Den Mächten
aber wird formell erklärt, daß Frankreich in Tunis nur seine legi-
timen Rechte vertheidigen werde und daß jede Idee einer Occupation
oder einer Bedrohung der Unabhängigkeit der Regentschaft absolut
ausgeschlossen sei.
4—5. April. Senat: beräth den von der Kammer bereits
angenommenen Gesetzentwurf betr. die Unentgeltlichkeit des Volks-
schulunterrichts und genehmigt deuselben auch seinerseits mit 163
gegen 104 Stimmen.