Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

Frankreich. (Mai 12.) 447 
Ausführung der gegenwärtig zwischen der Regierung der Regentschaft und 
den übrigen enropaischen Mächten bestehenden Verträge. Art. 5. Die Re- 
gierung der französischen Republik wird bei Sr. Hoheit dem Bey von Tunis 
durch einen Ministerresidenten vertreten sein, welcher die Ausführung des 
gegenwärtigen Vertrags überwachen und der Vermitller zwischen der fran- 
Jösischen Regierung und den tunesischen Behörden in Betreff der beiden ge- 
meinschaftlichen Angelegenheiten sein wird. Arl. 6. Die diplomatischen und 
Consular-Agenten Frankreichs im Auslande werden mit der Beschühzung der 
tunesischen Interessen und der Angehörigen der Regentschaft betraut werden. 
Dagegen verpflichtet sich der Bey, keinen Act abguschließen, der einen inter- 
nationalen Character hat, ohne vorher der frangösichen. Negiernng. Kenniniß 
gegeben und sich mit ihr verständigt zu haben. Art. 7. Tie Negierung der 
französischen Nepublik und die Regierung Sr. Hoheit bes Bey von Timis 
behalten sich vor, in gemeinschaftlicher Uebereinstimmung die Grundlagen zu 
einer jinanziellen Organisalion der Negrutschaft söstzustellen. die geeignet ist, 
den Dienst der Staatsschuld sichern und die Nechte der Gläubiger von 
Tunesien zu verbürgen. Art. 8. Eine hrd wird den nicht unter- 
worfenen Stämmen der Grenze und des Küstengebiels auferlegt. Eine spätere 
Uebereinkunft wird die Höhe und die Art der Erhebung der Kriegssleuern 
feststellen, für welche sich Se. Hoheit der Bey für verantwortlich erklärt. 
Art. 9. Um die algerischen Besitzungen der französischen Republik gegen 
Waffen= und Munitions-Gontrebande zu schützen, verpflichtet sich die Regierung 
des Bey's von Tunis, jede Einfuhr von Waffen und Kriegsmunition über 
die Insel Dscherba, den Hasen Gabes und die übrigen Häfen von Süd- 
Tunesien zu verbieten. Art. 10. Der vorliegende Vertrag wird der Natifi- 
cation der Regierung der französischen Republik unterbreilet und die Ratifi- 
cation sofort dem Bey von Tunis in der kürzesten Frist zugestellt werden."“ 
Der Bey erklärt in einem Telegramm an die Pforte, daß er den Ver- 
trag nur unter dem Drucke der Gewalt und um Blutvergießen zu vermeiden, 
ohne ihn prüfen und sich berathen zu können, unterzeichnet und dieß auch 
bei der Unterzeichnung selbst erklärt habe. 
12. Mai. Wiederzusammentritt der Kammern. Die Regie- 
rung legt denselben ein Gelbbuch über Tunis vor. Ministerpräsi- 
dent Ferry verliest außerdem eine Erklärung, die dahin schließt: 
„Die Opfer, welche Frankreich sich für die Sicherheit der großen africa- 
nischen Golonie luserleg. würden nicht genügend durch scheinbare oder frag- 
liche Unterwerjungen oder schnell wieder vergessene Zusagen aufgewogen 
werden; wir haben zu unserer Sicherheit dauerhafte Ünterpfänder nöthig; 
der Bey von Tunis ist es, von dem wir fie fordern. Wir wollen ihm weder 
sein Gebiet noch seinen Thron nehmen. Die Republik hat beim Beginne 
der Expedition jeden Gedanken an Einverleibung und Eroberung zurückge- 
wiesen. Die Regierung wiederholt in dieser Stunde, wo die Entwicklung 
naht, dieselben Erklärungen, aber die Regierung des Bey's ist gehalten, uns 
auf ihrem Gebieke zum Schutze unserer Besitzungen und im Bereiche unferer 
Interessen Vorsichtsmaßregeln nehmen zu lassen, die sie selber offenbar 
durch ihre eigenen Streilkräste zu kreffen außer Stande ist. Feste Verträge 
müssen uns gegen die Wiederkehr von ginhfetigtetn, und Abenteuern decken 
und uns den Einfluß sichern, zu dem wir berechtigt sind. Hoffen wir, daß 
der Bey die Nothwendigkeit und die Wohlthat ziu n und daß wir so 
den Zerwürfnissen ein Ende machen können, die nur Frankreich angehen. 
wobei nur ein französisches Interesse ins Spiel kommt und die Frankreich 
allein mit dem Bey im Geiste der Gerechtigkeit, der Maßins und der
	        
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