Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

Alien. (Dec. 6—9.) 475 
Politik, jedem auswärtigen Einfluß entgegen, beiordnen und die Freund- 
schaft Italiens begehrenswerih und sicher machen. Wir müssen den Mächten 
Garantien der Stabilität und Sicherheit bieten. Die beste Antwort auf 
die Aeußerungen des Fürsten Bismarck sind Thaten. Die Regierung darf 
ihre Politik nicht der Erwerbung einiger Stimmen opfern; sie muß Europa 
beruhigen. Alsdann wird man die Früchte der Wiener Reise ernten. 
Minister des Ausw. Mancini: Als er das Portefenille übernahm, waren 
die wohlwollenden Beziehungen zu Frankreich durch die Marseiller und 
Tuniser Ereignisse erschültert und die Beziehungen zu Deutschland zwar 
regelmäßige, aber von einem unerklärlichen Mißtrauen imprägnirt. Die Lage 
war schwierig ohne Verschulden Jemandes. Das Cabinet bemühte sich, 
Italien fein berechtigtes Ansehen und seinen Einfluß wiederzugewinnen, in- 
dem es zeigte, sein einziger Ehrgeiz sei, ein Muster für das Volk zu werden, 
im Innern durch glückliche Verbindung der Freiheit mit der Achtung der 
Gesete und der strengen Wrfrechthaltung der Ordnung und Nuhe, nach außen 
durch Erfüllung aller internalionalen Pllichten. Es mache sich bereits eine 
Vesserung der answärtigen Beziehungen sichtbar. Die Aufgabe des Cabinets 
war, das Mißtrauen bezüglich der angeblichen Absichten Ilaliens zu zer- 
streuen und friedliche und freundschaftliche Beziehungen herzustellen, nament- 
lich mit den Nachbarnationen, gleichzeitig aber vorzuschreiten in der größlen 
Conformität mit den Ansichten der Nationen, welche am meisten bei der 
Aufrechterhaltung des Friedens interessirt sind und mit uns die größte 
Solidarität und Gemeinschaft der Intereisen haben. Wir begriffen, daß 
unsere Pflicht Zurückhaltung war und wir hier Ruhe empfehlen mußten, 
wo in Marseille Unruhen waren. Bei den Ha ndelsvertragsverhandlungen 
mit Frankreich wurde unsere Haltung als eine kluge, conciliante und wür- 
dige beurtheilt. Der Minister prüft die politische Lage wie sie durch den 
Berliner Vertrag geschaffen. Das große Iunleresse Deutschlands und Oestler- 
reich-Ungarns, sich zu Repräsentanten und Vertheidigern einer Polilik der 
Erhaltung des Friedens zu machen, und das Aufhören des jahrhunderte- 
langen Hasses zwischen den Bölkern Ilaliens und Deutschlands, welche wieder 
Brüder geworden, endlich der einstimmige Wunsch des italienischen Volkes 
überzeugten uns, daß es angezeigt war, in Wien und Berlin alles Miß- 
trauen zu zerstören und Freundschaft Wwiischen den drei Völkern zu knüpfen; 
wir begannen mit Wien, nachdem wir die Ueberzeugung gewonnen, daß 
Oesterreich von dem gleichen Weuschs besertt ist, wie wir. Die Entrevne 
hatte einen großen Erfolg und trug den Stempel grober Hexzlichkeit und 
politischer Höflichkeit, 2 jede Anspielung auf Dinge untersagt, welche 
nicht das volle Vertrauen in die Loyalität unserer Politik kennzeichnen 
konnten. — machte Erklärungen der gegenseitigen Freundschaft und Unter- 
stützung. Der Abschluß des Handelsvertrags mit Frankreich beweist, daß 
Nüsen Annäherung. an Oesterreich keine Feindschaft gegen irgend Jemand 
involvirt. Der Minister des Aeußern sagt ferner: Unsere Beziehungen zu 
Deutschland sind jeht nicht allein regelmäßige, sondern sehr wohlwollende 
nd haben sich noch in der letzten Zeit gLebessert. Der intelligente Eifer des 
-otschafters in Berlin, Laungy, trug viel dazu bei und ebenso der Bot- 
hafter in Wien, Graf Robilant. Der Minister theilt sodam auszüglich 
gotschaftsberichte mit, welche den Beweis liefern, daß Fürst Bismarck jeden 
freundschaftsact gegen Oesterreich als au Deutschland gerichtet betrachtet. 
Vas die jüngsten Aeußerungen des Fürsten Bismarck angehe, so feien die- 
selben die Folge einer oratorischen Excursion durch mehrere VBölkerschaften 
uropa's, um darguthun, daß der Liberalismus überall ein maskirter Re- 
publicanismus sei. Aus Freundschaft für Deutschland glaube er, daß 
Schweigen und absolute Reserve die beste und würdigste Antwort sei. Es 
  
  
  
#o ’ ’““ 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.