Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 15.) 25 
Minderzahl bildenden Fällen, in welchen ihm nach dem bisherigen Rechte 
ein voller Gnüschhigungeonffrah zustehe, verschlechtert werde; denn der 
Verlust an Rechten, welchen er dadurch erleidet, wird mehr als aufgewogen 
durch den Gewinn, welcher ihm durch Gewährung der bisher fehlenden 
volsh Sicherheit der Entschädigung und durch Einbesiehung — Unsaue 
ohne Ausnahme in die beabsichtigte Regelung zu Theil w — Die hier- 
nach gerechtfertigte Beschränkung der Gntschädigung auf aiie gesebtich zu 
bestimmenden Theil des Jahreseinkommens bildet aber auch eine nothwendige 
Voraussehung der Durchführbarkeit der beabsichtigten Maßregel. Die Ein- 
räumung eines uneingeschränkten Entschädigungsauspruchs für alle durch 
Unfälle herbeigeführten Vermögensnachtheile würde so erhebliche Aufwen- 
dungen erfordern, daß durch deren Ueberlast eine Schädigung der Industrie 
und damit der gesammten Voliswirthschafl und des Erwerbes der Arbeiter 
selbst zu befürchten wäre. Wenn die beabsichtigle Maßregel auch im Inter- 
esse der Verbesserung der Lage der Arbeiter wünschenswerlh wäre, so darf 
doch nicht unberücksichtigt bleiben, daß Dasjenige, was den Arba#stern dadurch 
gewährt werden soll, erheblich über Alles hinansgehen wird, was sowohl in 
Ttschlan wie in anderen Ländern bisher zu Recht besieht. 
die Aufbringung dieser Kosten, d. h. die Zahlung der 
versichezungeprnle anlangt, so entspricht es an und für sich der Natur der 
Sache, sie den Betheiligten insoweit aufzuerlegen, als nicht staatliche Zwecke 
durch die neue Einrichtung verfolgt werden, deren Erfüllung die Kräste der 
Betheieigten übersteigt. Betheiligt sind zunächst die Arbeitgeber, welche 
durch die neue Regelung von der bisherigen Art eivilrechtlicher Haftpflicht 
befreit werden, und die Arbeiter, welche dadurch gegen die wirthschafllichen 
Folgen aller Unfäsle gesichert werden, deren Mehrzahl durch die Haftpflicht 
ungedeckt bleibt. Nach allgemeine n Rechtsgrundsäten würde etwa derjenige 
Theil der ltpnW welcher durch die auf ein Verschulden des Unternehmers 
und seiner Beauftragten auf mangelhaften Zustand der Betriebseinrichtungen 
und Fehler in der Betriebsleitung zurückzuführenden Unfälle erforderlich 
würde, den Arbeitgebern, dagegen derjenige Theil, welcher durch die auf 
Zufall oder auf Verschulden der Arbeiter zurückzuführenden Unfälle ersordert 
würde, den Arbeilern zur Last fallen. Für eine Berechnung dieser ver- 
schiedenen Bestandtheile der Versicherungsprämie fehlt es indessen an jeder 
statistischen Unterlage, und gegenüber dem Zusammenwirken verschiedenartiger 
Ursachen bei den Unfällen würde selbst bei der vollständigsten Statistik eine 
wirklich zutreffende Berechnung unmöglich sein. Es würde daher nichts 
Anderes übrig bleiben, als jedem Theile die Hälste der Last aufzuerlegen. 
Die Arbeiter würden sich über eine solche Bertheilung nicht beklagen können. 
Wenn berücksichtigt wird, daß diejenigen Unsälle, für welche die Arbeiter 
auf Grund des gellenden Haftpflichtgesetzes bisher Entschädigung erhallen 
haben, nur einen geringen Procentsah sämmtlicher Unfälle ausmachen — 
die Annahmen hierüber schwanken zwischen ein Fünftel und ein Sechstel der 
Gesammt zahl —, so ergibt sich, n“ die Last, welche den Arbeitern mit der 
dälfte der Verlscherungsprämie auferlegt werden würde, kein zu hohes 
Neahialen für die ihnen zu Theil werdende Verbesserung ihrer Lage bei 
eintretenden Unfällen sein würde. Andererseits könnte in dieser Verlheilung 
auch keine Unbilligkeit gegen die Arbeitgeber gefunden werden. Abgesehen 
davon, daß sie au der Beseitigung der mit dem gegenwärtig geltenden 
Rechtszustande verbundenen Uebelstände ein Interesse haben, welches durch 
ein von ihnen zu übernehmendes finanzielles Opfer nicht zu theuer erkauft 
werden würde, wird auch nicht außer Acht zu lassen sein, daß sie als Leiler 
der Unternehmungm nicht nur vorzugsweise berufen, sondern auch im Stande 
sind, eine fortschreitende Verminderung der Unfälle herbeizuführen, und zwar 
 
	        
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