28 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 15.)
Auferlegung der in Rede stehenden Beiträge noch in höherem Mahe treffen
würde, eine Ausgleichung und einzelne Gemeinden, welche zur Zeit in Folge
r dur rch die gegenwärtige staatliche Gesehgebung bedingten Vertheilung der
Trmnlalt überbürdet sind, eine erwünschte Erleichterung finden. Derarkige
größere Verbände sind in der Mehrzahl der Bundesstaaten in den auf Grund
des Gesetzes über den Unterstützungswohnsih errichteten Landarmenver-
bänden bereits vorhanden. Wie diese mit ihren Mitteln für die Unter-
stützung solcher Hilfsbedüritigen einzutreten haben, denen gegenüber kein
Ortsarmenverband verpflichtet ist, so nimmt das Gefetz für sie auch schon
die Funktion in Aussicht, mit ihren Mitteln denjenigen Ortsarmenverbänden
zu Hilfe zu kommen, deren Kräfle schon zur Bestreitung der gewöhnlichen
Armenlast nicht ausreichen.
„Die Einführung einer Verpflichtung zur Unfallversicherung macht
auch eine Fürsorge dafür erforderlich, daß die Wme derfelben allen
Verpflichteten in einer Weise ermöglicht werde, welche den Zweck mit mög-
lichst geringen Opfern erreicht und sicherstellt. Nach dem Entwurfe soll
Dieß dadurch geschehen, daß eine Reichs-Versicherungsanstalt errichtet
wird, bei welcher alle Unfallversicherungen, zu denen das Gesetz verpflichtet,
abzuschließen sind. Eine unter öffentlicher Garantie und Verwaltung stehende
Versicherungsanstalt, deren Benuhung jedem Verpflichteten offen stände,
würde auch dann nicht zu entbehren sein, wenn die (Bericherung bei Privat=
gesellschaften und Anstalten zugelassen würde. Mit der r Begründling einer
allgemeinen Versicherungspflicht ist an sich die berechtigte Forderung gegeben,
daß die Verpflichteten in die Lage verjelzt werden, ihrer Verpflichtung ge-
nügen zu können, ohne der Privatspekulation anheimzufallen. Keine Prival-
anstalt, mag sie in der Form eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens
vder in derjenigen einer auf Gegenseitigkeit gegründeten Gesellschaft auf-
treten, kann bei einem Versicherungszweige, dessen statistische Unterlagen noch
wenig sicher und unvollständig sind, diejenige Garantie steter Leistungsfähig-
keit bieten, welche durch das Interesie der staallichen Armenpflege und der
Arbeiter, mit denen ein wichtiges öffentliches Interesse zusammenfällt, er-
sordert wird. Selbst die streugste gesetzliche Regelung und die schärfste
staalliche Beaufsichtigung des Privatversicherungswesens würde die Gefahr
nicht ausschließen, daß Versicherungsanstalten und Gesellschaften in Folge
einer Reihe von ungünstigen Geschäftsjahren, wie sie um so leichter ein-
treten können, je kleiner der Geschäftsumfang der einzelnen Anstalten in
Folge der Concurrenz wird, zahlungsunfähig würden, und damit die bei
ihnen versicherten Arbeiter, welche bereits Ansprüche erworben haben, der
Wohlthat, welche das Geseb ihnen zugedacht hat, verlustig gehen und der
öffentlichen Armenpflege zur Last sallen. Diese Gefahr ist um so bedeul-
licher, als die versicherten Leistungen in Renten bestehen, welche in ihrer
Dauer sehr ungewiß und schwer zu berechnen sind, als demnach die drohende
Zahlungsunjähigkeit nicht leicht zu erkennen ist und eine Versicherungsanstalt
noch in scheinbar günstigem Betriebe stehen kann, während thatsächlich die
demnächstige Zahlungsunfähigkeit schon unvermeidlich ist. Diese Gefahr ist
bei einer Reichsanstalt selbstverständlich ausgeschlossen. Die statistischen
Unterlagen sind allerdings für den Betrieb der Reichsversicherung#anstalt zu-
nächst nicht vollständiger und sicherer, als sie für die Privatanstalten sein
würden. Die Concentration der gesammten Unfallversicherung in einer
einzigen Anstalt gewährt aber den großen Vortheil, daß die günftigen und
ungünstigen Wirkungen der Fehler, welche bei der Feststellung der Prämien=
larife zunächst unvermeidlich gemacht werden, sich in viel höherem Maße
ausgleichen, als Dieß bei Versicherungsanstalten mit einem durch Concurrenz
beschränkten und vielfach einseitigen Betriebe vorauszusehen ist. Demnächst