552 Uebersicht der palilischen Euimichlung des Jahres 18681.
Politik gegenüber den Mächten übereinstimmte. Der Vertrag con-
stituirte eine vollständige Protection des Landes und stand einer
späteren gänzlichen Annexion, zu der es noch nicht Zeit war, in
keiner Weise im Wege. Die Franzofen hatten damit alles erreicht,
was sie für einmal nur wünschen mochten. Das Geschehene wurde
den Mächten notifizirt. Italien allein anerkannte den Bardo-Ver-
trag nicht, England fand zwar, daß derselbe mit den früheren Er-
klärungen Frankreichs in handgreiflichem Widerspruch stehe, erachtete
es aber nicht für genügend, wegen Tunis mit Frankreich zu brechen,
die übrigen Mächte schwiegen. Der deutsche Reichskanzler soll schon
vorher der über den Eindruck seiner beabsichtigten Expedition doch
etwas ängstlichen französischen Regierung die bernhigende formelle
Zusicherung ertheilt haben, daß Deutschland ihr in dieser Richtung
keinerlei Schwierigkeiten in den Weg legen werde, was derselben da-
mals eine lebhafte Befriedigung gewährt zu haben scheint.
Nüc Dennoch war die Rückwirkung auf Europa eine drastische und
anmn olgenreiche: England wurde durch das Vorgehen der Franzosen zum
Mächte mindesten verstimmt und mißtrauisch und das Einverständniß zwischen
beiden dadurch jedenfalls nicht fester gekittet; Spanien, das die Fran-
zosen trotz aller Stammverwandtschaft nicht gerade liebt und im
Stillen selbst nach Größerem strebt, sah die leichte Erwerbung nicht
gern und nicht ohne einen gewissen Neid; Italien aber hatte das
Einschreiten des Nachbars von allem Anfang an mit verhaltenem
Grimm betrachtet, ohne doch etwas machen zu können, zumal das
Cabinet Cairoli mit einer Vertrauensfeligkeit ohne Gleichen sich dem
Wahne hingegeben hatte, daß Frankreich nicht über eine Züchtigung
der Krumirs hinausgehen und seinen Interessen nicht zu nahe treten
werde. Jetzt sah es seinen Aspirationen plötzlich und definitiv einen
Riegel vorgeschoben. Damit war das Maß für Carioli voll und
noch an demselben Tage, da der Bardo-Vertrag im Rom bekannt
wurde, sah sich sein Cabinet veranlaßt, seine Entlassung zu nehmen.
Zwischen Italien und Frankreich war ein Riß eingetreten, der nicht
so leicht wieder zugeheilt werden mochte. Ebenso protestirte die Pforte
gestützt auf ihre Souveränetsrechte in aller Form gegen den Bardo-
Vertrag und sah fortan in Frankreich einen entschiedenen und sehr
gefährlichen Gegner und Frankreich erwiederte seinerfeits diese Auf-
fassung wenigstens in so weit mit ungefähr denselben Gesinnungen.
Frank. Inzwischen hatte Frankreich erreicht, was es zunächst hatte erreichen
cchi wollen, und wünschte die Mächte über seine weiteren Absichten mög-