Uebersicht der polilischen Enlwicklung des Jahres 1881. 615
mit Beschlag belegt! Ueberhaupt schreitet das Regime Taaffe gegen
die deutsche Presse mit Beschlagnahmen nach dem so bequemen ob-
jectiven Verfahren rücksichtlos ein, freilich ohne sie zum Schweigen
bringen zu können. Und doch was wäre Oesterreich ohne das deutsche
Element und seine deutsche Bevölkerung? Vielleicht daß ihm noch
Gelegenheit wird, es zu erfahren.
Ungarn, die andere Hälfte des Reichs, bietet auch ein gang ungarn
anderes Bild. Während in Oesterreich das bisher herrschende
deutsche Element zum unterdrückten geworden ist, hält dagegen in
Ungarn das magyarische Elemenk gegen alle anderen die Zügel
der Herrschaft stramm in der Hand, ja nur zu stramm. Serben,
Slovaken, Rumänen und sogar Deutsche werden fest darnieder ge-
halten und müssen sich die Staatssprache, das magyarische Idiom,
gern oder ungern in allen öffentlichen Schulen aneignen. Mit
Maß und Ziel geübt, ließe sich dagegen nicht allzuviel einwenden,
aber so, wie es geschieht, geht es viel zu weit. Da die herrschenden
Magyaren nur eine Minderheit und zwar eine nicht allzu starke
Minderheit der gesammten Bevölkerung des Landes ausmachen,
so werden von ihnen alle nur möglichen Mittel angewendet, um
wenigstens die deutschen Elemente in sich aufzusangen und damit
ihre schwachen Reihen einigermaßen auszufüllen und zu verstärken.
Und wo, wie im größeren Theile des Landes, die Deutschen dünn zer-
streut sind, lassen sie sich auch, um regierungsfähig zu werden, auf-
saugen. Nur die Deutschen des siebenbürgischen Sachsenlandes, wo
sie zahlreich und enge beisammen sitzen, wehren sich und bewahren
mannhaft ihre deutsche Nationalität. Allein felbst wenn es ihnen
gelänge, alle deutschen Ungarn in sich aufzusangen, würden die Ma-
gyaren auch dann noch nur eine Minderheit der Gesammtbevölkerung
bleiben und wenn es ihnen auch bisher gelungen ist, so haben sie
doch Mühe, die Slaven, die ganz wie ihre Stammesgenossen in
der anderen Reichshälfte nach Gleichberechtigung und Autonomie
streben, niederzuhalten. Die Vorgänge in der anderen Reichshälfte,
die alle dahin zielen, den Slaven zur Herrschaft zu verhelfen,
können daher den Ungarn nichts weniger als gleichgültig sein.
Indeß haben sie in der anderen Reichshälfte nichts dreinzureden,
wie sich auch Graf Taaffe seinerseits wohl hütet, den Ungarn
etwas einzureden oder überhaupt irgend wie ihre Cirkel zu stören.
Dagegen ist es unter den hier und dort obwaltenden Umständen
nur natürlich und leicht begreiflich, daß die Tendenz, eventuell das