Full text: Europäischer Geschichtskalender. Zweiundzwanzigster Jahrgang. 1881. (22)

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Jahre 1881 darbot, ist das Bündniß zwischen ihm und dem z8 
deutschen Reiche, das bis jetzt wenigstens noch völlig intact geblieben? Sserelt 
ist und die Macht beider in allen Verwickelungen der europäischen 
Politik ganz gewaltig verstärkt. Das ursprüngliche und natürliche 
Band zwischen beiden ist zwar an der Wurzel bedroht und der 
Werth des Bündnisses für Deutschland mit dem Momente in Frage 
gestellt, wo dieses sich einem entschieden flavischen Oesterreich und 
einem von Oesterreich völlig getrennten und mit demselben nur noch 
durch ein schwaches dynastisches Band zusammengehaltenen Ungarn 
gegenüber sähe. Die Gewalt der Dinge scheint dahin zu treiben, 
aber bis die Thatsachen vollendete fsein werden, dürfte doch noch 
längere Zeit verfließen. So lange die Leitung der auswärtigen 
Angelegenheiten und die Verfügung über die Militärmacht beider 
Reichshälften thatsächlich noch in den Händen des Kaisers ruht, ist 
die Aufrechthaltung des Bündnisses möglich und liegt im Interesse 
beider Reiche. Durch die Vorgänge in Rußland und durch die 
Zustände, die in neuester Zeit dort eingetreten sind, hat das 
Bündniß sogar eine erhöhte Wichtigkeit gewonnen. An der ver- 
einigten Macht Deutschlands und Oesterreich-Ungarns müßte ein 
Anprall russischer Barbarei, dessen sind wir sicher, nothwendig brechen. 
Die im Laufe des Jahres 1881 eingetretene Entfremdung 
zwischen Italien und Frankreich und die dadurch herbeigeführte 
Annäherung Italiens an die verbündeten Mächte Deutschland und gtalien. 
Oesterreich-Ungarn ist schon berührt worden. In den inneren 
Zuständen des Landes ist eine wesentliche Veränderung nicht ein- 
getreten; die übrigens in sich nichts weniger als einige Linke 
blieb während des ganzen Jahres am Ruder der Regierung und 
scheint auch noch länger daran bleiben zu sollen. Ob die von den 
Kammern berathene Wahlreform, welche die Zahl der Wähler fast 
vervierfachen wird, bis zum Schlusse des Jahres indeß noch nicht 
vollkommen perfect wurde, eine wesentliche Verschiebung der Partei- 
verhältnisse in der Kammer zur Folge haben wird, muß dahin 
gestellt bleiben, ist jedoch nicht gerade wahrscheinlich. Immerhin 
ist nicht zu verkennen, daß die kirchlichen Gewalten sich darauf vor- 2ie 
bereiten, von der früher an ihre ergebenen Anhänger ausgegebenen päbst- 
Parole, sich weder als Wähler noch als Gewählte an der Ent- ichet 
wickelung des Landes auf der neuen, von ihnen nicht anerkannten 
Grundlage zu betheiligen, abzugehen und in den politischen Kampf 
auf dieser Grundlage einzutreten. Es würde dies den Moment
	        
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