42 Fos denische Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 26—27).
davon überzeugt werden, daß dieses Mittel nicht ausreicht, um den Staat
zu beugen, so würde * darin einen großen Vortheil erblicken. Das Gesetz
vom 14. Juli v. J., s noch dazu durch die Beschlüsse dieses Hauses
wesentlich verstümmrlt # ist, enthält doch einige Handhaben, allerdings
nur bis Schluß dieses Jahres, auf Grund deren es möglich sein würde, eine
Annäherung und Verständigung zu versuchen. Lassen Sie mich den Wunsch
aussprechen, daß die gesehlichen Mittel, welche ich andemete, nicht unbenußt
bleiben. Der Anstoß müßte allerdings von derjeuigen Seite ausgehen, in
deren Händen die Entscheidung über das Schicksal der katholischen Kirche
liegt.“ (Lebhafter und wiederholt anhallender Beisall rechls und links.
Zischen im Cenkrum.)
n der Debailte vertheidigt zuerst Windthorst seinen Antrag,
indem er eine grelle Schilderung des kirchlichen Nothstandes entwirft. Ein
Viertel der katholischen Pfarreien sei verwaist, die Noth schreie zum Himmel.
Es wären nicht so viele Priesler gesiorben, wenn sie nicht hälten in Ver-
bannung gehen müssen. Daß man von seinem Antunge behauptet, er zer-
störe das System der Mai-Gesetze, beweise nur, daß dieselben auf einer un-
moralischen Grundlage beruhen. Ein unmoralisches Gesetz werde dadurch
nicht moralisch, daß die gesetzgebenden Körper es sanclionirten. Leider hebe
sein Antrag die Mai-Gejetze nicht auf. Die wesentlichsten Amtsfunctionen
bleiben unter den Bestimmungen der Mai-Gesehze; so namentlich würden die
Geistlichen, denen das Spenden der Sacramente und das Messelesen gestattet
werde, keine Emolumente bekommen und gang auf eigene Miltel angewiesen
sein. Man sagt, die Kirche brauche doch nur die Anzeigepflicht zu erfüllen,
d. h. sich den Mai-Gesehen zu unterwerfen. Hätle die Kirche diesen langen
Kampf gekämpft, wenn das so leicht wäre, wenn die Kirche nicht die
schwersten Gewissensbedenken dagegen hätte! Das System der Mai-Gesehe
geht auf die Vernichtung oder auf die Knechtung der Kirche aus. Es handelt
sich nicht um die bloße Anzeige; diese involvire die Anerkennung der Be-
stimmung über die Erziehung der Geistlichen und des Staatsgerichtshofes,
damit aber die Unterordnung der Kirche unter den Staat. Reichensperger
(Köln) bedauert, daß das Centrum dem Antrage v. Nauchhaupts nicht bei-
stimmen könne; die Conservativen sprächen sich immer. sympathisch aus,
machten aber keine positiven Anträge. So lange die Regierung nicht ein
ernstes Verlangen nach Frieden beweise, würden die Forderungen des An-
trags der Conservativen uur fromme Wünsche bleiben. Das Centrum ver-
lange nur die Wiederherstellung der aufgehobenen Verfassungsartikel. Weder
das Infallibilitätsdogma, noch das Non bossumus, noch die Anzeigepflicht
sei die Ursache des Kampfes, sondern das System, welches die Kirche ver-
staatlichen wolle. v. Bennigsen erwidert dem Frhrn. v. Hammerstein,
daß ein sehr großer Theil der Conservativen den von Hammerstein als isolirt
bezeichneten Standpunkt der Liberalen theile, und wiederholt unter Hinweis
auf geschichtliche Thatsachen, daß die Erbitterung der Curie über die Errich-
tung eines evangelischen deutschen Kaiserthums die Wurzel des Streites sei.
Der Papst müsse aber schließlich nachgeben. Wenn er sehe, das der Staat
und die Volksvertretung festblieben, werde man zu einem bleibenden Frieden
gelangen, aber nicht auf dem Wege des Windthorst'schen Antrags. Windt-
horst protestirt dagegen, daß der Haß der Curie gegen das deutsche Kaiser-
thum den Culturkampf heraufbeschworen habe: der Culturkampf datire viel-
mehr vom Schlachtfelde von Königgräh.
Die Abstimmung fällt genan so aus, wie allgemein angenommen
wurde. Für die motivirte Tagesordnung der Conservativen stimmt nur die
conservalive Fraktion, so daß die Tagesordnung abgelehnt ist. Der Antrag
Wintthorst selbst wird bei namentlicher Abstimmung verworfen; für den-