Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 5—6.) 89
hat sich auch Preußen bis zum Jahre 1849 resp. in den der Monarchie
später einverleibten Gebietsteilen bis zur Einführung der preußischen Ver-
fassungsurkunde, das Mitwirkungsrecht des Staates bei Besetzung der geist-
lichen Amter in engeren Schranken bewegt, ohne daß hieraus Unzuträglich-
keiten erwachsen wären oder die Möglichkeit zur Wahrnehmung der staat-
lichen Zuteressen merklichen Abbruch erlitten hätte. Demgemäß schlagen die
Artikel 1 und 2 eine anderweite Regelung vor, wonach dem staatlichen Ein-
spruchrecht fortan nur noch solche geistliche Amter unterliegen sollen, welche
fundationsmäßig dauernd zu besetzen sind. Für Seelsorgerämter, bei welchen
dies nicht zutrifft, deren Inhaber also unbedingt abberufen werden dürfen,
wohin die sogenannten Sukkursalpfarreien Licht gehören (§ 19 Absatz 2 1c),
tritt die Benennungspflicht der geistlichen Oberen außer Kraft. Das Dasselbe gilt
für die Anordnung einer bloßen Stellvertretung oder Hilfsleistung in einem
anzeigepflichtigen Amte. Nur wenn es sich bei erledigten oder solchen be-
setten Pfarreien, deren Inhaber an der Ausübung ihres Amtes behindert
sind, um die Einrichtung einer interimistischen Verwaltung durch Verweser,
Administratoren, Provisoren u. dergl. handelt, wird es wegen der Wichtigleit
dieser Stellungen bei dem staatlichen Einspruchsrecht sein Bewenden behalten
müssen. Artikel 3 und 4. Die Artikel 3 und 4 geben dem Gedanken, welcher
im Artikel 4 des kirchenpolitischen Gsetzentwurfs vom Jahre 1882 formuliert
war, einen erneuten, jeht aber schärfer präzisierten Ausdruck. Die Staats-
regierung kann an der Auffassung nur festhalten, daß das staatliche Ein-
spruchsrecht gegen die Austellung der Geistlichen einen eminent politischen
Charakter hat, daß die durch das Gesetz vom 11. Mai 1875 geschaffene
richterliche Zuständigteit in dieser Angelegenheit eine Anomalie bildet, und
daß es aus innern wie aus äußern Rücksichten geboten ist, zu denjenigen
Grundsätzen zurückzukehren, welche von ihr dieserhalb bereits in der Regie-
rungsvorlage vom Jahre 1873 vertreten worden sind. Artikel 5. Nach
Artikel 1 des Entwurfs soll die Anzeigepflicht der geistlichen Oberen fortan
wegfallen, sofern von ihnen eine Stellvertretung oder Hilfsleistung in einem
geistlichem Amte angeordnet wird. Das Gesetz vom 24. Juli 1880 hat im
Artikel 5 eine entsprechende Bestimmung nur für geistliche Amtshandlungen
getroffen, welche von gesetzmäßig angestellten Geistlichen in erledigten oder in
solchen Pfarreien, deren Inhaber an der Ausübung des Amtes verhindert
ist, vorgenommen werden, ohne dabei die Absicht zu bekunden, dort ein geist-
liches Amt zu übernehmen. Es liegt in der Konsequenz, diese Bestimmung
nunmehr in der hier vorgeschlagenen Weise weiter zu entwickeln. Artikel 6.
Der rein kassatorische Inhalt des Artikels 6 bedarf näherer Erläuterung nicht.
2. Lesung der Vorlage der Regierung betr. Anlage eines
Kanals vom Rhein nach der unteren Ems. Die Kommission trägt
auf Ablehnung der Vorlage an. Das Haus nimmt sie jedoch mit
einigen Modifikationen an.
Die Kommission beantragt, die Vorlage abzulehnen und die Staats-
regierung zur Vorlage eines Gesetzes für die nächste Session aufzufordern,
betreffend den Bau eines“ Kanals vom Rhein (Ruhrort) in der Richtung nach Dortmund-Henrichenberg-Münster-Minden-Hannover
der mitt-
leren Elbe mit einem Zweigkanal. von Bevergern nach der unteren Ems.
Hierzu beantragt Hammacher: 1) die überschrift des Gesetzes zu fassen: „Gesetz
betr. den Bau eines Schiffahrtskanals zur Verbindung des Rheins mit Ems,
Weser und Elbe“; 2) das Gesetz anzunehmen, aber § 1 folgendermaßen zu
fassen: „Zur teilweisen Ausführung des Schiffahrtskanals, welcher bestimmt
ist, den Rhein mit Ems, Weser und Elbe zu verbinden — und zwar zunächst