Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Juni 8—11.) 91
und Marinebeamten, wodurch eine Jahresausgabe von 5 ½ Mill.
verursacht wird: nimmt die Vorlage mit 17 gegen 4 Stimmen an
und beschließt, gegen die Stimmen der Fortschrittler, die Frage der
Kommunalbesteuerung der Offiziere mit diesem Gesetz nicht in Ver-
bindung zu bringen.
8. Juni. (Preußen.) Abg.-Haus: geht über einen von den
Polen unterstützten Antrag der beiden Dänen auf ein Gesetz, wo-
nach in Nordschleswig das Dänische als Schulsprache einzuführen
und die deutsche Sprache nur als Unterrichtsgegenstand in den
mittleren und oberen Klassen mit höchstens sieben Stunden wöchent-
lich zugulassen wäre, zur Tagesordnung über.
Herrenhaus: genehmigt die Verwaltungsreformvorlagen Putt-
kamers und das Zuständigkeitsgesetz wesentlich in übereinstimmung
mit den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses, streicht jedoch den § 13,
den dieses in der Fassung angenommen hat, daß zur Versagung der
Bestätigung von Gemeindebeamten der Regierungspräsident der Zu-
stimmung des Bezirksausschusses bedürfe.
9. Juni. (Preußen.) Abg.-Haus: beharrrt gegen den Ve-
schluß des Herrenhauses vom 8. ds. auf seiner Fassung des § 13
des Zuständigkeitsgesetzes, indes doch mit einer Modifikation, die
dem Minister des Innern in letzter Instanz freie Hand läßt.
11. Juni. (Deutsches Reich.) Bundesrat: beschließt ein-
stimmig, das Reichsbeamten-Pensionsgesetz zurückzuziehen, da wegen
der Frage der Kommunalbesteuerung der Offiziere) keine Aussicht
bestehe, mit dem Reichstage über die Novelle zum Militär-Pensions-
gesetz zu einer Verständigung zu gelangen, so aber eine ungleich-
mäßige Behandlung der Offiziere und der Civilbeamten bez. der
Pensionierung eintreten würde.
11. Juni. (Deutsches Reich.) Der Führer der national-
liberalen Partei, Hr. v. Bennigsen, legt sein Mandat sowohl zum
Reichstag als zum preußischen Landtag nieder und zieht sich damit
zeitweilig wenigstens aus dem parlamentarischen Leben zurück.
Für die nationalliberale Partei ist der unerwartete Entschluß ihres
Führers unzweifelhaft ein harter Schlag. Die Beweggründe dafür liegen
nicht klar zu Tage. Das Hauptmotiv war indes ohne Zweifel, daß die
parlamentarischen Dinge in Deutschland nachgerade eine Wendung genommen
haben, die den Mittelparteien immer weniger Gelegenheit zur Bethätigung
bieten. Der Reichskanzler stützt sich auf das eine Extrem, die konservativ-
klerikale Koalition, und stärkt damit natürlich auch das andere der Radikalen,
das den Anspruch macht, den gesamten Liberalismus zu führen und dem
auch die nationalliberale Partei in letzter Zeit weniger als früher Wider-
stand zu leisten vermocht hat. Schließlich entleidete es offenbar selbst der