Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1883. (24)

130 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Sept. 15—17.) 
diese für den sozialen Frieden und für das nationale Erwerbsleben so wich- 
tigen Fragen, für welche nur sachliche Erwägungen maßgebend sein dürfen, 
unter Berücksichtigung der gerade bei den Hauptbeteiligten gesammelten Er- 
fahrungen entschieden werden. Die Delegiertenversammlung muß es deshalb 
lebhaft bedauern, daß die wohlgemeinten sachlichen Vorschläge und Bedenken 
der deutschen Industrie bei den Beratungen der betreffenden Gesetzentwürfe 
in den wesentlichsten Punkten vielfach unbeachtet geblieben sind, daß dagegen 
allem Anscheine nach vorzugsweise politische Parteitendenzen maßgebend 
waren. Sollie es nicht gelingen, mit Hilfe der verbündeten Regierungen 
und durch Darlegungen einsichtiger Mitglieder des Reichstags den Einfluß 
solcher Tendenzen auf die Gestaltung der Unfallversicherung abzuwehren, so 
müßte die Delegiertenversammlung ein derartiges Vorgehen für unheilvoll 
erklären — überlastend für die Zudusttie, depravierend für den Arbeiterstand, 
verderblich für Staat und Gesellschaft 
15. September. (Elsaß- Lothringen) Eine Verordnung des 
Stadthalters setzt vom 1. Januar 1884 ab für die Gemeinden Metz 
und Diedenhofen sowohl als auch für das Amtsgericht und die 
Gerichtsvollzieher in Metz alle bisherigen Ausnahmen für den Ge- 
brauch der amtlichen deutschen Geschäftssprache außer Wirksamkeit. 
Die französische Sprache als amtliche Geschäftssprache ist damit für 
die Zukunft gänglich beseitigt. 
Da die Mehrgahl der Mitglieder des Gemeinderates in Metz der 
deutschen Sprache nicht mächtig ist, so ist man gespannt darauf, ob dieselben 
ihr Amt niederlegen werden oder nicht, da man annimmt, daß auch die Ver- 
handlungen des Gemeinderates zukünftig in deutscher Sprache geführt werden 
sollen. Die Mehrheit des Gemeinderates von Metz ist immer noch französisch, 
obgleich die deutsche Bevölkerung bereits die, allerdings kleine, Majorität 
ausmacht. 
— September. (Deutsches Reich.) Selbst nach Japan wird 
ein deutscher Beamter, ein Hr. v. d. Marwitz, berufen und zwar in 
der Stellung als Beirat des kaiserlich japanischen Kabinets. 
17. September. (Deutsches Reich.) Im bisherigen Wahl- 
kreise des Führers der nationalliberalen Partei v. Bennigsen dringt 
im ersten Skrutinium der von ihm empfohlene Kandidat Hottendorf 
nicht durch, sondern muß zwischen ihm mit 5373 und dem Fort- 
schrittler Cronemeyer mit 4086 Stimmen eine Stichwahl stattfinden. 
In seinem Programm hatte sich der nationalliberale Kandidat aller- 
dings den Konservativen stark genähert und darauf gestützt der 
Führer der Fortschrittspartei, Eugen Richter, die Agitation gegen 
ihn und die liberale Mittelpartei eingeleitet und persönlich betrieben. 
Ubrigens hat sich nicht die Hälfte der Wahlberechtigten an der Wahl 
beteiligt. Man ist daher auf den Ausfall der Stichwahl in weiten 
Kreisen sehr begierig. 
17. September. (Deutsches Reich.) Polemik zwischen der 
offiziösen „Nordd. Allg. Ztg.“ und der Londoner Times.