Die Oellerreichisch-Angorische Müonarchie. #(Febr. 10 1.,) 185
und den Religionsgesellschaften die Sorge für den Neligionsunterricht zu über-
assen. Das soll aber jetzt anders werden. Der Unterricht in der Religion
soll nicht bloß einen Teil der Erziehung ausmachen, sondern die ganze Er-
ziehung soll nach den Grundsähen der Religion geleitet werden. Die Re-
ligion soll nicht der Erziehung, sondern die Erziehung soll der Religion
dienen. Das heißt: die Schule hört auf, ein konfessionell neutrale: Gebiet
zu sein; Oesterreich kehrt zu der Auffassung der Konkordatszeit zurück; aus
der interkonfessionellen Schule wird die konfessionelle. Noch eingreifender fast
ist die andere That, welche durch diesen Gesetzentwurf vollbracht wird: die
virtnelle Aufhebung der achtjährigen Schulpflicht. Der Lienbacher'sche
Antrag wollte es der Landesgesegebung überlassen, die Schulpflicht auf sechs
Jahre zu reduzieren; der Gesetzentwurf, welcher dem Herrenhause vorliegt,
legt es in die Hand jeder Gemeindevertretung, für ihr Gebiet diese Ampu-
tation selbständig vorzunehmen.
10.— 14. Februar. (Oesterreich.) Eine deutsch,-österreichische
Eisenbahnkonferen: einigt sich im wesentlichen über die Forderungen
der preußischen Staatsbahnverwaltung bez. Abschaffung der geheimen
Refaktien u. dgl., sowie über die Gleichstellung der Frachtkostentarife
bei Benützung des Wasser= oder des Eisenbahnweges (siehe unter
Deutschland).
10. Februar. (Oesterreich.) Reichsrat: Debatte über die
Anträge betr. Behandlung der Skandalaffaire Kaminski: es wird
schließlich fast einstimmig die Einsetzung einer parlamentarischen
Untersuchungskommission von 15 Mitgliedern beschlossen. Die Stim-
mung des Hauses ist momentan eine sehr entschiedene, aber die
Deutschen frohlocken darüber doch zu früh.
10. Februar. (Ungarn.) Nicht ohne Rücksicht auf das Urteil
Deutschlands und die dort eingeleitete Agitation gegen den in dem
Mittelschulgesetzentwurf zu Tage getretenen magyarischen Chauvinis=
mus ermäßigen der Unterrichtsminister Trefort und das Unterrichts-
komite des Reichstags die allzuweit gehende Bestimmung bez. der
Kandidatenprüfung wenigstens dahin, daß die übergangszeit, wäh-
rend welcher sie auch in einer andern Sprache als der magyarischen
abgelegt werden kann, auf 10 Jahre verlängert wird. Doch hält
das Komité daran fest, daß der Kandidat auch während der über-
gangsperiode den Nachweis der Kenninis der ungarischen Sprache
und Literatur zu liefern habe.
14.—15. Februar. (Hesterreich.) Herrenhaus: genehmigt,
wie zu erwarten stand, die reaktionäre Gewerbenovelle mit ansehn-
licher Mehrheit in 2. und gleich auch in 3. Lesung.
16. Februar. (Ungarn.) Resolution einer hochansehnlichen
Versammlung deutscher Männer in Berlin gegen das Mittelschul-
gesetz und die gesamte teils schon ausgeführte teils in jenem ge-