Die Oesterreichisch-Augarische Monarchie. (Marz #i S.) 180
nationalen Ziele nicht das geistige Nivean in deufelben ist zu nieder, und
sowohl in katholischen wie in protestantischen Mittelichulen wird oft in Pau-
jlavismus gemacht darum begrüßt er die Vorlage, troh ihrer Mängel,
immerhin als einen Fortschritt zum Besseren. Derselbe joll der Auedruck
des eisernen Millens sein, eine nicht bloß ungarisch sprechende, jondern auch
aungarisch denkende und fühlende Generation heranzuziehen und ohne Rücksicht
auf nationale Empfindlichkeiten die ungarische Sprache als Staats= und boli-
tische Sprache des Landes in ihrer dominierenden Stellung zu befestigen. Je
weiter die Debatte fortschreitet, desto klarer ktritl dies hervor.
6. März. (Oesterreich.) In Wien findet ein von der
deutschen Studentenschaft veranstalteler Trauerkommers für Nichard
Wagner statt, an dem sich auch verschiedene deutsche Abgeordnete,
zahlreiche Professoren und Notabilitäten Wiens beteiligen.
Derselbe verläuft zuerst würdig und passend, später aber gibt sich ein
Teil der Studenten geradezu ungehörigen übertreibungen hin und gibt in
immer ausgesprochenerer und leidenschaftlicher Weije dem deutsch-nationalen
Standpunkt allzu demonstrativen Auedruck Zugleich mit grobklörnigen anti-
semitischen Anslassungen. Der anwesende Negierungskommissär mahnt zur
Mäßigung, will dem Redefluß Einhalt thun und droht mit Auilösung,
worauf der Abg. Schönerer leidenschaftlich für die Nedefreiheit eintritt. Die
deutsch-liberale# Presse erklärt sich entschieden gegen derlei deutsch-nationale
Ausschreitungen in Oesterreich, der kürzlich gebildete „Verein deutscher Stu-
denten" wird behördlich aufgelöst, der unbeliebte Neltor Maaßen erläßt einen
tadeluden Aufruf am schwarzen Vrelt, die Polizei leitet eine Untersuchung
gegen Schönerer ein und selbst der Ministerpräsident Taasse hält es für au-
gebracht, dem Rektor gegenüber seine Mißbilligung der Vorfälle auszudrücken
und die schärfsten Maßregeln in Aussicht zu stellen.
8.—21. Märg. (Oesterreich.) Progeß in Wien gegen 29
Sozialisten, welche sämtlich des Hochverrats, drei davon aber des
RNaubs und der Teilnahme am Ranbe, begangen an dem Schuh-
machermeister Merstallinger zum Zwecke der Beschaffung von Mitteln
für die Organisierung revolutionärer Klubs, angeklagt sind. Die
Angeklagten sind bis auf die drei Hauptschuldigen sichtlich wenig
intelligente und sogar geradezu harmlose Figuren, denen das Lesen
sozialistischer Schriften den Kopf verrückt hat. Die Geschwornen
verneinen nach dreistündiger Beratung die Hauptfrage auf Hoch-
verrat einstimmig und mit Mehrheit auch die Eventualfragen auf
Ruhestörung, die Frage des Raubes wird dagegen einstimmig be-
jaht. Die drei Hauptschuldigen werden zu 15 und 2 Jahren schweren
Kerkers verurteilt, die übrigen freigesprochen.
Die Thatsachen des Naubes und des Motives dazu, sich Geld für
weitere revolutionäre Umtriebe zu verschaffen, werden durch die Verhand-
lungen allerdings anßer Zweifel gestellt; aber im übrigen hat man es, mit
bloß drei Ausnahmen, mit nichts weniger als gefährlichen Burschen zu thun.
Der Boden, auf welchem das Drama sich abspielt, verlengnet seinen Einfluß
nicht. Es sind durchweg armselige, schlechtbezahlte, schlechtgehaltene Wiener
Arbeiter, durchweg ängstliche, unklare und unsichere Werkzeuge in der Hand