216 TDie Oesterreichisch-Angarische Monarchie. (Ende Juni — Juli 3.)
tigung durch die Polen und ihre Forderungen für „Gleichberech-
tigung“, die von dem herrschenden Regime in Oesterreich als Staats-
prinzip verkündet, ihnen gegenüber aber von den Polen aufs schmäh-
lichste mit Füßen getreten wird, in einer Reihe von Resolutionen
eingehend und in durchaus würdiger Weise niederzulegen — freilich
ohne Erfolg: die Polen bekümmern sich, auf ihre Majorität gestützt,
nicht darum und die Negierung läßt sie darin vollständig gewähren.
Ende Juni. (Dalmatien.) Das Resultat der Neuwahlen
zum Landtag ist ein entschiedener Sieg der kroatischen Partei über
die italienischen und über die serbischen Elemente der Bevölkerung:
dieselbe erobert 24 Sitze unter 43. Das letzte Ziel der nunmeh-
rigen Majorität des Landtags ist ausgesprochenermaßen die Ver-
einigung des Landes mit Kroatien, der aber vorerst allerdings die
staatsrechtlichen Verhältnisse Dalmatiens unbedingt im Wege stehen.
2. Juli. (Oesterreich-Ungarn.) Der Konflilt mit Ru-
mänien, wegen der Rede des Senators Gradisteano in Jassy begz-
der „Perlen, die der Krone des Königs Carol noch fehlen“, d. h.
der ca. 3 Mill. Rumänen, die zu Oesterreich-Ungarn, speziell Ungarn
gehören, verschärft sich: eine Note an die rumänische Regierung in
Bukarest erklärt sich durch das Communiquc im Bukarester Amts-
blatt nicht zufriedengestellt und verlangt positive und präzise Er-
klärungen.
Oesterreich-Ungarn kennt und anerkennt nur einen König von Ru-
mänien, aber keinen „König der Rumäuen." In Ungarn aber ist man ins-
besondere höchst ungehalten darüber, daß in Rumänien in tendenziöser Weise
Landkarten verbreitet werden, auf welchen Rumänien halb Ungarn verschlingt
und Debreczin als eine Provinzstadt Daco-Rumäniens erscheint. Wiederholt
sind in der lebzten Zeit von seite des Wiener Kabinets Mahnungen wegen
dieses chauvinistischen Unfuges an die Adresse der rumänischen „Regierung er-
gangen; die Reden der Herren Rosekti und Gradisteano in Jassy beweisen
die volle Erfolglosigkeit dieser Schritte.
2.— 16. Juli. (Oesterreich.) Nundreise des Kaisers in Steier-
mark, Kärnthen und Krain gelegentlich der Feier der 600jährigen
Zugehörigkeit der Steiermark zum Hause Habsburg.
Der Verlauf der Koaiserreise zeigt neuerdings die alte Anhänglichkeit
der Alpenländer an das Herrscherhaus, trägt aber zur Milderung des Natio-
nalitätenhasses nichts bei, vielmehr benüben Deutsche und Slovenen den Au-
laß, sich gegenfeitig mit Nationalsfarbendemonstrationen zu ärgern. Noch
auffallender ist, daß in Laibach mit der erschienenen kroatischen „Huldigungs-
deputation ein großillyrisches Verbrüderungsfest gefeiert wird. Das Hervor-
treten dieser großillyrischen, oder wie man neuerdings sich ausdrückt, groß-
kroatischen Tendenzen mit der Trialismusidee im Hintergrunde erregt nicht
nur in Wien, sondern noch mehr in Pest sehr unangenehmes Aufsehen.
3. Juli. (Bosnien und Herzegowina.) Die Regierung