Die Oesterreichisch-Angarische Monarchie. (Juli 3.) 217
veröffentlicht die Einführungsverordnungen zu der Wechselordnung,
dem Handelsgesetzbuch und der Konkursordnung. Alle drei Gesetze
treten mit dem 1. November l. J. in Wirksamkeit.
3. Juli. (Böhmen.) Die Neuwahlen zum Landtag und da-
mit der wenigstens stellenweise überaus erbitterte Wahlkampf zwischen
Deutschen und Czechen, der den ganzen Monat Juni hindurch ge-
herrscht hatte, findet mit diesem Tage endlich seinen Abschluß. Die
Czechen haben, wie gar nicht anders möglich war, gesiegt, aber doch
nicht vollständig: sie haben zwar die Majorität und sogar eine
Zweidrittel-Majorität errungen, aber nicht die Dreiviertel-Majorität.
Zu dieser fehlen ihnen immerhin noch 15 Stimmen und die Deutschen
sind daher im neuen Landtag in der Lage, eine Abänderung der
Wahlordnung, welche die Cgechen anstreben, um sich die Majorität
für alle Zeilen zu sichern, durch Absentierung zu verhindern. Auch
das gelang den Czechen nicht, die Deutchen aus dem künftigen Landes-
ausschusse zum voraus ganz auszuschließen: 2 von den 8 Mitglie-
dern desfelben sind ihnen sicher.
Folgende Tabelle zeigt das Resultat sowohl in den einzelnen Wähler-
llassen —8* im ganzen Landtage:
Deutsche Euchen und Zusammen
Virilstimmen 1 5 6
Abgeordnete des ehttundbesihes — 70 70
„ er Städ 32 (0 72
" „ Sschmnern .12 15
» Landgemeinden. . 30 79
In Summe 75 167 2.12
Im Speziellen boten die Wahlen in den Landgemeinden wenig Be-
merkenswertes, wohl! aber die der Großgrumbesitzer, der Städte und der
Haudelskammern. Die Wahlen aus dem Großgrundbesibe haben das
voraus zgesehene Resultat * im fideikommissarischen wie im nichtfidei-
kommissarischen Großgrundbesitze sind die feudalen Kandidaten durchgedrungen.
Im fideikommissarischen Großgrundbesiße beteiligten sich die Verfassungstreuen
nicht an dem Wahlakte; die Feudalen waren unter sich, und 25 feudale
Wähler ernannten 16 jeudale Abgeordnete. Auch im nichtsideikommissarischen
Großgrundbesitze drangen die 54 feudalen Kandidaten mit einer Majorität
von 41 Stimmen durch. Daran ist nichts Unerwartetes und nichts Absonder-
liches; der Ausfall der Wahl im böhmischen Großgrundbesitze liegt beding-
ungslos in der Hand jeder Regierung. Es ist indessen beachtenswert, daß
die verfassungstreue Minorität heute viel stärker ist, als es die fendale Mino-
rität im Jahre 1878 war. — Mit den Städtewahlen könnten die Deutschen
zufrieden sein, wenn nur die Landeshauptstadt Prag nicht wäre. Dort haben
die Czechen zum erstenmale seit dem Beginne des österreichischen Konstitutio-
nalismus sämtliche zehn Landtagsmandate erobert. Die Deutschen hatten mit
Zuversicht darauf gerechnet, wenn auch nicht die Prager Kleinseite mit ihren
zahlreichen Beamten, so doch die Josefstadt mit ihrer bisher überwiegend
verfassungstreu gewesenen jüdischen Wählerschaft zu behaupten. Allein die