218 Die Oesterreichisch-Angarische Monarchie. (Juli 5.—9.)
deutsch-liberalen jüdischen Kandidaten unterlagen den Ccchischen Kandidaten.
Letztere erzielten die sehr knappe Majorität von 34 Stimmen — es bleibt
sonach zweisellos, daß ohne! das Hinüberichwenken eines Teiles der jüdischen
Wählerschaft ins czechische Lager die Josefstadt wie früher verfassungstrene
Bertreter in den böhmischen Landtag entsandt hätte. — Von den 5 Handels
kammern endlich wählten : (Prag, Reichenberg und Eger) aus schließlich
deutsch. 1 (Budweis) ausschließlich czechisch, in der fünften aber (Pilsen),
wo sich 18 Deulsche und 18 Crecchen gegenüberstanden, mußte das Los ent-
scheiden, dar auf einen Dentschen und einen Czechen fiel. In der Rurie der
Slädte und Handelskammern beträgt sohin die Zahl der deutschen Abgeord-
nelen 141, die der czechischen uur 13. Damit ist den Deutschen die Vertretung
im Landesaueschusse gesichert. Sechs Mitglieder. des achtgliedrigen Landesaus-
F/Musirr werden nämlich durch Kurialwahl, wei durch Plenarwahl nominiert.
5. Juli. (Böhmen.) Feierliche Eröffnung des neuen Land-
tags. Die offiziellen Eröffnungsreden sprechen selbstverständlich viel
von „Versöhnlichkeit“, aber es ist bloßer Schall und Rauch. That-
sächlich bekämpfen sich die beiden Nationalitäten immer erbitterter
und gehen von Tag zu Tag nur immer weiter auseinander: die
Czechen ringen um Herrschaft und die Deutschen wehren sich ihrer
Haut nachgerade wie sie können und mögen.
5. Juli. (Mähren.) Eine Wanderversammlung des Brünner
deutschen Vereins in Olmütz gestaltet sich zu einer großen Kund-
gebung der Deutschen Mährens. Nach einer Nede Sturms, der in
markanten Zügen die bedrängte Lage der Deutschen Oesterreichs
schildert, spricht die Verfammlung einstimmig ihre rückhaltslose
Billigung für die Haltung der vereinigten Linken im Reichsrate
aus und gelobt ihr unbedingte Heeresfolge auch für den Fall, daß
die deutschen Abgeordneten sich veranlaßt finden sollten, den parla-
mentarischen Boden zu verlassen:
Die diesfalls beschlossene Resolution lautet wörtlich: „Die Ver-
sammlung erwartet, daß die nationalen Bedürfnisse unseres Volkes neben
den staaterhaltenden Traditionen desselben in erster Linie Ziel und Nich-
tung des Verhaltens der vereinigten Linken bestimmen werden, und sie ver-
sichert dieselbe in dieser Erwartung auch dann ihrer vollsten Zustimmung
und ihres unbedingten Vertrauens, wenn die Abgeordneten den parlamen=
larischen Boden nicht mehr als jenen erkennen würden, auf welchem! die
Rechte der Deutschen in Oesterreich mit Erfolg gewahrt werden könnten.“
6. Juli. (Oesterreich-Ungarn) erhält von Rumänien die
wegen des Toastes Gradisteano verlangte Genugthuung, indem die
Bukarester Regierung in einer nach Wien abgegangenen Erklärung
die irredentistischen Bestrebungen ausdrücklich und unumwunden des-
avoniert.
9. Juli. (Oesterreich.) In der Besiechungsaffaire Kaminski
wird nunmehr auch der formelle Einstellungsbeschluß gefaßt. Die