232 Die Oesterreichisch-Ungarische Monarchie. (Sept. 11—15.)
11. September. (Bosnien und Herzegowina.) Das Armee-
Verordnungsblatt publigiert eine kais. Entschließung, durch welche
die Rekrutierung von vier weiteren bosnisch-herzegowinischen In-
fanteriekompagnien auf den 26. September l. J. angeordnet wird.
Die bosnische Armee wird somit aus acht Instruktionskadres be-
stehen. Die neuen Kompagnien werden in Serajewo, Banjaluka,
Dolny-Tuzla und Mostar errichtet. Der Friedensstand einer jeden
der acht bosnischen Kompagnien besteht, von den Offizieren abge-
sehen, aus hundert Mann.
Mitte September. (Böhmen.) Für wie notwendig die Czechen
selbst eine gründliche deutsche Bildung doch noch immer halten,
zeigt der stets steigende Zudrang derselben zu den deutschen Mittel-
schulen trotz aller Agitation und alles Terrorismus. Das Organ
der Jungczechen konstatiert, daß sich für die unterste Klasse eines
deutschen Prager Gymnasiums nicht weniger als 170 neue Schüler
gemeldet hätten und davon seien zwei Drittel Czechen, und jammert
über die czechischen Eltern, die ihre Kinder zur „Schlachtbank der
Germanisation“ führten.
15. September. (Galizien.) Eröffnung des Landtags.
Derselbe geigt ein wesentlich anderes Bild als bisher. Weitaus die
meisten, fast zwei Drittel, aller Sitze nehmen die Schlachzizen (niederer pol-
nischer Adel) und die Magnaten des Landes ein; einzelne Adelsgeschlechter
sind fast Durch alle wählbaren männlichen Familienglieder im Landtage ver-
treten. Dagegen ist heuer zum erstenmale von den Bauern auch nicht ein
einziger mehr im Saale vorhanden, obgleich die Wahlordnung den Land-
gemeinden 74 Mandate zuweist. Die Ruthenen sind zu einem ganz kleinen
Häuschen zusammengeschmolzen. Bei der Berifikation der Wahlen bringen
sie indes ihre Beschwerden über ungehörige Beeinflussung der Wahlen und
vielfache Vergewaltigungen lebhaft zur Sprache, jedoch ganz umsonst.
15. September. (Ungarn.) Die ungarische Regierung, von
allen Seiten bedrängt, scheint nachgerade den loyalen, aber an ihren
Rechten und ihrer Nationalität festhaltenden siebenbürgischen Sachsen
entgegenkommen zu wollen und einen Ausgleich mit ihnen zu suchen.
Der als überläufer und gefügiges Werkzeug der Magyaren von
den Sachsen tiefgehaßte Obergespan des Hermannstädter Komitats
(Sachsengraf) Wächter wird von ihr seiner Stelle enthoben und
durch den Sektionsrat Brenneberg ersetzt.
Es liegt darin wenigstens ein erster Schritt. Brenneberg hat die
Mission, eine Verständigung mit den Sachsen ausubahnen. Diese wird in
besonnenen ungarischen Kreisen gewünscht und gehofft, da das Verhältnis zu
den Deutschen sonst überall das allerbeste sei, und die 200,000 Sachsen in
Siebenbürgen für Ungarn nicht nur keine Gefahr, sondern im Gegenteile die
beste Stütze gegen die Romania irredenta sein könnten, die viel mehr in