Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1883. (24)

Die Oesterrtichisch-Ungarische Monarchit. (Sept. IG -23) 233 
Siebenbürgen als in Rumänien selbst spute. Der Erfolg wird davon ab- 
hängen, ob es gelingt, das beiderseite obwaltende Mißtrauen zu zerstreuen, 
als ob die Sachsen Feinde des Dualiomus wären, die Ungarn aber die Sachsen 
denationalisieren wollten. 
16. September. (Niederösterreich.) Trotz aller Proteste 
wird die czechische Privat-Volksschule in Wien nach der Verfügung 
des Unterrichtsministers nunmehr eröffnet, aber in aller Stille; das 
Interesse an der Frage ist fast ganz verschwunden. Den Czechen 
ist ihr Wille gethan; prosperieren wird die Schule kaum, da die 
chechischen Familien in Wien darauf angewiesen sind, deutsch zu 
lernen, wenn sie ihr Fortkommen finden wollen. 
I7. September. (Oberösterreich.) Eröffnung des Landtags. 
In der Eröffnungsrede des Landeshauptmanns wird die Betonung 
des deutschen Charakters Oberösterreichs, welcher einen Lichtpunkt 
in der gegenwärtigen trüben Zeit bilde, von der Linken mitl leb- 
haftem Beifall begleitet. Doch ist man auf stürmische Debatten 
seitens der klerikalen Rechten gefaßt. 
18. September. (Mähren.) Der überwiegend deutschen und 
auch energisch deutschgesinnten Landeshauptstadt Brünn wird von 
dem czechisierten Landesschulrat und dem geechisch-feudalen Statt- 
halter Graf Schönborn die Errichtung einer zweiten czechischen Volks- 
schule aufoktroyiert. 
19. September. (Ungarn.) Eine Nede Tiszas in Groß- 
wardein bringt Klarheit in die Lage bez. Kroatien. Das Land weiß 
nun, daß der Ministerpräsident in irgend einer Form vom Reichs- 
tage die Ermächtigung verlangen wird, in der Wappenfrage den 
Wünschen der Kroaten entsprechen zu dürfen und die Sache für so 
wichtig hält, daß er hiebei die Kabinetsfrage stellen wird. 
Der ungarische Reichstag wird dadurch allerdings in eine Zwangslage 
versetzt und es bleibt als eine Thatsache von höchster Bedeutung, daß bei 
dem ersten Zusammenstoß zwischen Ungarn und Slaven die ersteren sich den 
Sieg durchaus nicht zuschreiben können. Denn bei Licht betrachtet, ist die 
„Mäßigung“ Tisgas gleichbedeutend mit — Nachgeben. Ohne Zweifel ist 
es ein Akt kluger Politik, mit dem Kopfe nicht durch die Wand zu rennen, 
aber damit ist die Thatsache nicht aus der Welt geschafft, daß eine Wand 
da ist, zu fest und stark, um umgerannt werden zu können. Nationaler 
Stolz lehnen sich gegen die Politik anf, die gegenüber Kroatien befolgt werden 
soll. Tisza forgt jedoch dafür, daß es nur bei den Gefühlen bleibe und die- 
selben sich in keine That umsetzen. Sein Rücktritt, die Kabinetsfrage, sind 
die Dämpfer. Er wendet starke Mittel an, und aus der Anwendung der- 
selben ist zu schließen, daß der Fall ernst, die Sitnation schwierig sei. 
Darüber täuscht sich denn auch das Land seit der Rede Tiszas nicht im 
geringsten. 
23. September. (Oesterreich-Ungarn.) Die gemeinsamen
	        
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