234 Die Oesterreichisch-Ungarischt Monarchit. (Sept. 23.—27.)
Minister stellen das gemeinsame Budget für 1884 fest und berufen
die Delegationen zu Beratung desselben auf den 23. Oktober nach
Wien ein.
—27. September. (Oesterreich-Ungarn.) Der rumä-
nische Ministerpräsident Bratiano konferiert auf der Rückreise nach
Bukarest aufs neue in Wien mit dem Grafen Kalnoky und wird
anch vom Kaiser empfangen. Der Anschluß Rumäniens an das
mitteleuropäische Friedensbündnis wird als vollendete Thatsache an-
gesehen. über die näheren Bedingungen des Einverständnisses er-
fährt man jedoch nichts.
21. September. (Böhmen.) Die deutsche Universität Prag
kommt durch allmähliche Aktivierung der czechischen nachgerade stark
ins Gedränge, da für die letztere vorerst noch so ziemlich alles fehlt
und jene daher manches an sie ganz abgeben, anderes wenigstens
mit ihr teilen soll. Der berühmte Ophthalmolog Hasner gibt seine
Demission, da er seine Augenklinik nicht mit seinem gecchischen
„Kollegen“ teilen will. Den Czechen ist derlei freilich sehr will-
kommen, da ihnen die deutsche Universität ohnehin ein Dorn im
Auge ist und sie offen darauf ausgehen, die Stellung derselben all-
mählich zu einer ganz unhaltbaren zu machen.
27. September. (Mähren.) Der mährische Großgrundbesitz
wählt mit 79 gegen 78 (liberale) Stimmen 2 Czechisch-konservative
Mitglieder in den Reichsrat. Die Art, wic die Wahl zustande ge-
bracht wird, ist eine geradegu skandalöse.
Die liberale Partei gebot vor der Wahl über eine Majorität von
3 Stimmen. Um trotzdem die Rechte des Reichsralr um 2 Stimmen zu
berstärken, mußten also die Rechte von 4 liberalen Wählern kassiert werden.
Dazu verstand sich denn auch die fendale Mehrheit der Wahlkommission,
welche über Zulassung oder Nichtzulassung der Wahlstimmen zu entscheiden
hat. Unter den nichtigsten Vorwänden wurde 4 liberalen Wählern, die seit
Jahren das Wahlrecht in Mähren ausgeübt und unbeanstandet auf der
Wählerliste gestanden hatten, das Wahlrecht abgesprochen und so den Czechisch-
Konservativen die Mehrheit von 1 Stimme verschafft. Die gesamte deutsch-
liberale Presse ist über den Vorgang empört und erwartet, daß die vereinigte
Linke des Reichslags sich diese Vergewaltigung um keinen Preis werde ge-
fallen lassen.
27. September. (Ungarn.) Wiedereröffnung des Reichstags.
Die Lage ist eine sehr gespannte. In Kroatien herrscht fortwährend
eine große Gährung und die anarchischen Zustände sind trotz des
Militärregiments noch keineswegs überall unterdrückt. Die kroati-
schen Abgeordneten sind nur zum Teil in Pest erschienen und es ist
noch nicht entschieden, ob sie sich an den Verhandlungen über die