242 Die Oellerreichisch-lugarische Monarchie. (Nov. 19 —25.)
Der Durchschlag die ganze Ronte soll schon bis um Herbst 1884
in Betrieb gesetzt werden ist jedenfalls ein sehr bedentsames Ereignis nicht
bloß für Oesterreich, sondern auch für Ungarn. Als Gegenleistung für den
Bau der Arlbergbahn seitens Oesterreiche hat sich Ungarn zur Regulierung
der Donau beim Eisernen Thore gewissermaßen verpflichtet und dieses gibt
auch Zu, daß nnnmehr an Ungarn die Pflicht herantrete, die Regulierung
der Donau in Angriff zu nehmen. Allerdings wird in Betreff dieser Ver-
pflichtung eine gewisse Reserve au den Tag gelegt und die Schwierigkeit
dieser Aufgabe in etwas grellen Farben gemalt. Ein Wiener offiziöses Blatt
richtet unn eine kleine Mahnung an Ungarn und meint, daß die Regulierung
des Eisernen Thores mit dem Bau der Arlbergbahn, sowohl was die Kosten
als auch die Schwierigkeiten der Durchführung betrifft, sich bei weitem nicht
messen könne und daß auch die Regulierung der übrigen derselben bedürftigen
Partien des Donaustromes durchaus nicht jene Schwierigkeiten biete, wie
man in Ungarn anzunehmen scheine. „Wir haben den Ban der Arlberg=
bahn in Angriff genommen, ohne vorher bindende Versprechungen von Ungarn
zu fordern, darum befremdet es einigermaßen, daß das leitende ungarische
Blatt es ausspricht, daß man das Beispiel der Arlbergbahn nicht als maß-
gebend für die Thätigkeit Ungarns auf dem Gebiete der Donauregulierung
betrachten könne. Wir rechnen aber zu sehr auf den regen Sinn der unga-
rischen Regierung für die Interessen ihres Landes, als daß wir nicht au-
nehmen sollten, daß sie die Regulierung des Donaustromes nicht mit dem
gleichen freudigen Mute in Angriff nehmen werde, wie dies von Seite Oester-
reichs bei der Arlbergbahn der Fall war."
19. November. (Oesterreich.) Die Poligzei entdeckt in Wien
eine geheime sogialistische Druckerei.
25. November. (Böhmen.) Die deutsch-böhmischen Abgeord-
neten zum Reichsrat-und zum Landtag beraten in Prag über die
schwerwiegenden Fragen eines Massenaustritts der deutschen Abge-
ordneten aus dem Reichsrat und über eine administrative Zwei-
teilung Böhmens und einigen sich schließlich zu folgender Erklärung
sämtlicher 73 anwesenden Abgeordneten:
„1) In Erwägung, daß der Anetritt der deutschen Abgeord-
neten aus den Vertretungskörpern einerseits nicht als Gegenstand eines poli-
tischen Programms, sondern nur als Akt unabweisbarer Notwendigkeit auf-
gefaßt und behandelt werden kann, anderseits aber der geforderte. Austritt
aus dem Reichsrate als eine die Zusammengehörigkeit der Deutschen in Oester=
reich in der hervorragendsten Weise berührende Angelegenheit behandelt werden
muß, ist die Entscheidung hierüber den Beschlüssen der Gesamtheit der in
den bezüglichen Vertretungskörpern versammelten Parteigenossen vorzubehalten.
2) Die mit der Sprachenverordnung angebahnte und seitdem fortschreitende
Czechisierung des Gerichts= und Verwaltungswesens in den deutschen Gebiets-
teilen Böhmens, welche bestimmt scheint, die Grundlagen für die Verwirk-
lichung des czechischen Staates abzugeben, hat zu einer mächtigen Erregung
im deutsch-böhmischen Volks sstamme geführt, und immer dringender erhebt
berielbe das Verlangen, für seine friedliche Entwicklung und sein nationales
Leben Schutz zu erhalten durch eine administrative Trennung Böhmens,
welche die Dentschen in Böhmen von jeglichem Sprachenzwang befreit, ihnen
einen aus Volksgenossen bestehenden Beamtenstand sichert und gugleich die
Einheit Oesterreichs vor Bedrohungen durch einen czechischen Staat wahrt.