Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1883. (24)

314 Frankreich. (Ang. Mitte 2.) 
Verfassung, innerhalb der Nepublik und mit einem aufrichtig gemeinten, 
republikanischen Programm möglich. 
Mitte August. Gelegentlich des Falls Antoine in Metz ist 
die Deutschenfresserei und die Deutschenhetze in Paris wieder ein- 
mal obenauf. 
Die Blälter überbieten sich förmlich in Wutansbrüchen gegen die 
Deutschen in 2 Teutschlan, namenllich aber gegen die Deutschen in Paris und 
in Frankreich. „Evenement“ J. B. meint: „Gegen das Recht gibt es 
keine Verjährung. in Tag wird kommen, da wir unser Blut run dem 
enrigen (der Elsässer) Zu enerer Befreiung vermengen und die Knochen MBis- 
marcks darob in seinem verfaulten Leichentuche erbeben werden.“ Von allen 
Seiten werden die franzgösischen Arbeitgeber, und zwar teilweise mit Namen, 
aufgesordert, ihre deutschen Arbeiter und Angestellten zu entlassen. Augen- 
blicklich ist ein wahrer Heren- Sabath von Haß und Wnut gegen die Deutschen, 
die den Franzosen in ihrem eigenen Lande das Brot wegnähmen. 
15.—25. August. (Anam-Tongking.) Ein Vorstoß der 
Franzosen in Tongking, von Hanot gegen Sontagh, unter General 
Bouet mißglückt vollständig. Dagegen gelingt ein Angriff derselben 
auf Huc, die Hauptstadt von Anam, ebenso vollständig. Zuerst 
werden die Forts und Batterien an der Mündung des Flusses, an 
dem die Stadt liegt, bombardiert und genommen, dann gegen die 
Stadt selbst vorgerückt und dieselbe nach einem glänzenden Land- 
angriff im Sturm genommen. Der französische Civilkommissär Har- 
mand unterhandelt darauf mit dem neuen Kaiser und schließt am 
25. mit demselben einen Vertrag ab, der den Franzosen alles ge- 
währt, was sie verlangten: 
1) Die Entrichtung einer Kriegesteuer; 2) die Besehtzung der Forls 
von Hué (wahrscheinlich der Eitadelle) durch eine französische Garnison bis 
Zur vollständigen Zahlung: 3) Heimbernfung der anamitischen Truppen aus 
dem Delta des Noten Flusses; 4) Bestätigung des frangösischen Protektorats 
über ganz Anam, wie es durch den Vertrag von 1870 schon eingeseht worden 
war, jedoch mit Bürgschaften, die in jenem Vertrage fehlten. Die Befrie- 
digung. über diesen Erfolg ist in Frankreich eine große und man hofft bereits 
und sehr bestimmt, daß nun auch China zun Kreuze triechen werde, was 
aber, wie sich bald zeigt, durchaus nicht der Fall ist. 
23. August. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ sieht sich veranlaßt, 
den Franzosen wegen der wieder ausgebrochenen unsinnigen Deutschen- 
hee einen neuen kalten Wasserstrahl zu applizieren: Deutschland 
wünsche und suche den Frieden auch mit Frankreich, aber ein solches 
Gebahren könnte am Ende doch zum Kriege führen. Nach dem 
Grundsatz si lecisti nega thun die Franzosen darüber ganz ver- 
wundert, als ob sie kein Wässerchen getrübt hätten und die Be- 
schwerden rein erfunden wären. Die „Nordd. Allg. Zig.“ kommt 
daher am 4. September auf ihre Warnung und Drohung zurück:
	        
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