Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1883. (24)

324 Frankreich. (Nov. 28 — Teg. 7.) 
des linken und des rechten Ufers verlangt und zu verstehen gibt, 
daß China einen Angriff auf die auf der linken Seite des Flusses 
gelegenen Städte Sontay, Honghoa und Bacninh, „die gegenwärtig 
von kaiserlichen Truppen besetzt und bewacht sind“, als Kriegsfall 
ansehen würde. Ferry lehnt das Begehren in seiner Antwort vom 
30. November rund ab, erklärt, daß die frangösischen Truppen Be- 
fehl hätten, auf diese drei Städte zu marschieren, daß an diesen 
Feldzugsplan nicht gerührt werden dürfe und werde, und hofft, daß 
China „uns das Friedenswerk in Tongking, das wir in einem all- 
gemeinen Interesse verfolgen, unbehindert vollenden lassen werde“. 
28. November. Die Negierung erklärt sich für Aufhebung 
des bisherigen Verbots einer Einfuhr amerikanischen Schweinefleisches, 
stößt aber damit auf heftigen Widerstand, teils wegen der nicht be- 
hobenen Trichinengefahr, teils aus schutzzöllnerischen Motiven. 
28. November. (Anam-Tongking.) Neue Umwälzung in 
Hnc, der Hauptstadt von Anam. Der französische Resident Cham- 
peaux verlangt und erzwingt, gestützt auf den Vertrag vom 25. Aug., 
eine Privakandienz beim König. Nach anamitischer Etikette ist dies 
jedoch ein Frevel und der König wird am folgenden Tage, von der 
antifranzösischen Partei vergiftet, tot auf seinem Lager gefunden. 
Man fürchtet eine Erhebung gegen die französische Residentschaft 
und die ziemlich schwache frangösische Garnison; eine solche erfolgt 
indes nicht. 
1.—17. Dezember. Kammer: Spezialberatung des ordentlichen 
Budgets für 1884. Dasselbe wird im ganzen ohne wesentliche Ande- 
rungen angenommen. Die Kammer ist es zufrieden, daß das Gleich- 
gewicht darin, wenn auch nur knapp, hergeslellt ist. 
7.—10. Dezember. Kammer: Debatte über den von der Re- 
gierung geforderten 9 Millionen-Kredit für Tongking. Die Kom- 
mission trägt mit 9 gegen 2 Stimmen auf Bewilligung an. Die 
Opposition dagegen ist zahlreicher als je und heftiger als je. Trotz- 
dem erklärt Ferry, daß er sich mit der Bewilligung und der ein- 
fachen Tagesordnung über das von rechts und links beantragte 
Tadelsvotum nicht begnüge, sondern ein Vertrauensvotum fordere, 
und setzt seinen Willen durch: der Kredit wird mit 381 gegen 146 
Stimmen bewilligt und das Vertrauensvotum mit 315 gegen 206 
Stimmen ausgesprochen, nur daß das Wort „vertrauen“ dem aller- 
dings nicht gleichwertigen „überzeugt“ weichen muß. Die Majorität 
will ossenbar eine Ministerkrisis um jeden Preis vermeiden und
	        
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