376 Die oltomanische Plorle. (Juli Obkl. 22.)
gollnachlässe, auf Zehenterhebung aus den Pachterträgnissen der Moscheen-
güter zu Gunsten der Landeskasse beziehen und bringen auch eine Rejolution
zum Auedrucke, worin die Abgeordneten gegen die Nichtsanktionierung der im
vorigen Jahre gefaßten Beschlüsse in Betreff einer Neorganisation des kreten-
sischen Verwaltungsrates protestieren, abermals auf Sanktionierung derselben
bestehen und jede Beteiligung an der Wahl der Verwaltungsräte ablehnen.
Die 41 mohammedanischen Deputierten haben gegen diese Beschlüsse Protest
eingelegt und die christlichen Abgeordneten ihrerseits ein Memorandum an
die Konsuln gerichtet, worin sie dieselben als Schußmächte Kretas um ein-
dringliche Unterstühung der geieblichen“ und gerechten Forderungen des christ-
lichen Volkes auf Kreta bitten. Die Pforte ermächtigt den Gouverneur
Photiades P., zur #eteribin der verweigerten Steuern Truppen zu ver-
wenden.
— Juli. Die finanzielle Lage der Türkei ist eine überaus
traurige.
Die Provinwerwaltungen machen was sie mögen: sie schicken die
Steuereingänge nach Konstantinopel oder behalten sie für ihre eigenen Be-
dürfnisse zurück, ganz nach Belieben, und die unzuverlässigen Beamten unter-
schlagen wo und wie sie nur lönnen. Die Zentralregierung ist dagegen ziem-
lich machtlos und lebt daher im Grunde von der Hand in den Mund. Der
Deutsche Weltendorf P., der in dieses Chaos Ordnung. bringen soll, hat mit
den größten Schwierigkeiten zu lämpfen. Zunächst ist er bemüht, ein den
Thatsachen wenigstens mehr oder weniger entsprechendes Budget aufzustellen,
während die bisherigen rein siktive waren.
19. August. Der Fürst von Montenegro besucht Konstan-
tinopel und wird vom Sultan sehr freundlich ausgenommen.
28. September. Die Pforte hat nnumehr alle Handelsver-
träge gekündet.
29. September. Lord Dufferin kehrt von London wieder auf
seinen Posten in Konstantinopel zurück, verhält sich aber sehr ruhig
und freundschaftlich und macht der Pforte keine Schwierigkeiten bez.
Armeniens.
9. Oktober. Mukhtar P. besucht im Auftrage des Sultans
Berlin und konferiert auch mit dem Reichskanzler in Friedrichs-
ruhe. Der Sultan scheint indes mit dem Erfolge der Mission nicht
sehr zufrieden zu sein. Was er eigentlich wünscht, wäre eine förm-
liche Aufnahme in das deutsche Friedensbündnis und damit eine
gewisse Garantierung feines Gebiets. Dazu hat aber Deutschland
leine Lust.
Mitte Oktober. Wettendorf P. geht in besonderer Mission
des Sultans nach Berlin und Paris. Seine Aufgabe ist ohne
Zweifel eine finanzielle. An eine Anleihe ist indes weder in Berlin
noch in Paris auch nur zu denken.
22. Oktober. England scheint die Regelung der bulgarischen
Tributfrage und der Ubernahme eines Teils der türkischen Staats-