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Rumũunitn. (Nov. 10 Ende.)
Innerhalb der herrschenden Partei und ihren Führern. droht indes über
diese Vorschläge ein schwerer Zwiespalt ausmbrechen. Die Mehrheit der
Kommission schlägt nur sehr mäßige Veränderungen vor und der Minister-
präsident Bratiano ist damit einverstanden. Der Kammerpräsident Rosetti
will dagegen bez. der Wahlrechte viel weiter gehen, indem er cbie Herab-
sehzung des Wahljensus für den größeren Grundbesitz auf 600 Fr. Jahres-
rente und namentlich eine tiefgreifende Erweiterung des Wahlrechts der Land-
bevölkerung fordert. Seine Forderungen sind ächt radikal, indem er dabei
ganz vergißt, daß der dem politischen Leben vollständig apathisch und ver-
ständnislos gegenüberstehende rumänische Bauer einer Verbesserung seiner
wahrhaft erbärmlichen äußeren Lebens bedingungen weit dringender bedarf.
als einer Verleihung von politischen Rechten, für welche er bei dem Stande
seiner heutigen Bildung absolut keine Verwendung hat und welche daher im
günstigsten Falle immer nur eingelnen Agitatoren zugute kommen müßten.
10. November. II. Kammer: der Ministerpräsident wird über
den Anschluß Rumäniens an das österreichisch-deutsche Friedens-
bündnis interpelliert. Bratiano gibt die Thatsache unumwunden
zu und verteidigt dieselbe. Seine Erklärungen werden von der
Kammer einstimmig als befriedigend angenommen.
Bratiano erklärt: „Kleine Staalen können keine große Politik machen;
sie sind gezwungen, sich den Umständen zu fügen.“ Oesterreich und Denutsch-
land feien über verschiedene Vorgänge gegen Rumänien sehr aufgebracht ge-
wesen. Der König habe aber auf seiner Reise in Berlin und Wien viele
Mißverständnisse zerstreut. „Es lag mir daran“, sagt der Minister, „zu be-
weisen, daß wir Niemandes Werkzeug sind und daß wir nur für uns hau-
delten und unsere Interessen im Auge hielten“. Bratiano nimmt für den
König das Recht in Anspruch, seinen Einfluß auf die Leitung der allgemeinen
Politik geltend zu machen, und erklärt, Fürst Bismarck habe ihm im J. 1883
dasselbe gesagt wie 1820, nämlich: „Ich will die Erhaltung des Fri iedens;
diejenigen, welche dassel 6e Ziel anstreben, sind mit uns. Wenn Sie den
Krieg wollen, dann suchen Sie Ihre Alliierten anderwärts.“ Mit dem
Grafen Kalnoky habe er keine definitive Abmachung getroffen, sondern nur
über verschiedene Tagesfragen konferiert. Schließlich erklärt er: „Wir ge-
hören zu jenen, welche den Frieden wollen, und diejenigen, welche den Krieg
provozieren sollten, werden uns auf ihrem Wege finden.“ Rumänien ist also
im eigenen Interesse entschlossen, keinerlei Treibereien im Orient Vorschub zu
leisten, geschweige das eigene Land zum Agitationsherde machen zu lassen.
Rumänien erkennt seine Wohlfahrt in der Erhaltung des Friedens, und da
diesen das deutsch-zösterreichische Bündnis verbürgt, so lehnt es seine Politik
folgerichtig an die der beiden Kaiserreiche an. Rumänien hat ausgehört eine
russische Station zu sein; nur als Feinde würden von jetzt an die Russen
ius rumänische Gebiet einbrechen können, nicht mehr als Verbündete.
17. November. II. Kammer: die Beratung der Verfassungs=
revision ist thatsächlich verschoben, da die Ansichten über die Wahl-
reform noch zu weit auseinandergehen und man einen Bruch inner-
halb der bisherigen Mehrheit gern vermeiden möchte.
— November. Die europäische Donankommission in Galatz
hat ihre diesjährigen Arbeiten erledigt und dabei die von Rumänien