Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1883. (24)

Aspien. (März 28 — April 29.) 391 
mit dessen Eristen iu identifigieren. Allein selbst dies wird nicht geung 
sein. Wir müssen auch Fürsforge treffen. daß die dem neuen politischen 
Apparat anvertrauten Ausgaben nicht dessen unerprobte Kräfte übersteigen 
Die Sitnation der Landes ist zu kritisch. die Probleme, welche sich der Auf- 
merksamkeit seiner Lenker unmittelbar aufdrängen, sind zu wesentlich, um mit 
denselben zu tändeln, sei es jelbst im Znteresse der politischen Philofophie. 
Verschiedene Umstände haben sich verkettel, um die eigentliche Lage des ägyp- 
tischen Fellah äußerst prekär zu machen. Srine Beziehungen zu seinen 
enropäischen Glänbigern werden gefährlich geipanme. Die Landwirtschaft 
des Landes verschlechtert sich rasch, da der Boden durch all u häufige Ernten 
und andere Ursachen erichöpft wird. Die Frohnarbeit ist nicht länger der 
Reinigung der Kanäle gewachsen. Folglich nähert sich die Wüste dem be- 
bauten Lande, und falle nicht schuell irgend ein Oilfemittel ausfindig ge- 
macht wird, werden die Finanzen des Landes kompromittiert werden. Mit 
einer jolchen Ansammlung von Schwierigkeiten wird die eingeborene Staats- 
mannskunst, jelbst wenn dieselbe durch die nengeborenen Iustitutionen er- 
gänzt wird, sich zu messen kaum im stande sein, falle sie nicht eine Zeit lang 
durch unfere Sympathie und Führung unterstützt wird. Unter diesen Um- 
ständen erlaube ich mir zur Erwägung jzu stellen, daß wir das Reorgani- 
sationswerk laum als vollständig oder die unse durch die Umstände auferlegten 
Berantwortlichleiten als hinlänglich erledigt betrachten können, bevor wir 
Agypten von den Verwicklungen, welche ich ausgejählt habe, böllig befreil 
gesehen haben. Nachdem dieser Ziel einmal erreicht worden, können wir 
ihm mil ruhigem Gewissen Lebewohl sagen, und wir mögen billigerweise den 
Beisall Europas dafür branispruchen, ein Werk vollendet zu haben, welches 
jedermann vollbracht zu sehen wünschte. obwohl außer uns niemand willens 
war, dasselbe zu unternehmen. Selbst daun wird die Beständigkeit des 
Werkes unserer Hände nicht gesichert sein, falls nicht von allen Beteiligten 
klar verstanden wird, daß kein störender Einfluß zwischen England 
und das Agypten, welches es neugeschaffen hat, krelen darfs.“ 
Das englische Urteil über diese Depesche ist ebenso kurz als treffend: 
„Die Miilsion Tufferins ist mit der Veröffentlichung dieses Berichtes in Wirk- 
lichkeit beendet; wir sind um eine vortreffliche Staateschrift reicher, die je- 
doch sehr wenig zur praktischen Lösung der ägyptischen Schwierigkeit beiträgt. 
Die Schuld trägt nicht. der Verfasser des Berichts: sie liegt in den Verhält- 
nissen, welche Lord Dufferin zwingen, selbst nicht an das zuglauben, was 
er zur Lösung der ägyptischen Frage vorschlägt. Er kann nur andenten, wo 
die Hilfe liegt und was feinem gediegenem und wirklich vortrefflichen Plane 
zur Reorganisation Agypteus jur Verwirklichung heljen kann; die Instruktion 
verbielet es ihm aber einzugestehen, daß nur das britische Prolektorat oder 
die dauernde Okkupalion Agypleus durch England die Möglichkeit bietet, die 
Frage beftiedigend zu lösen. Diese Uberzeugung verrät sich in jeder zeile 
des Berichts.“ 
28. März. Hicks P. bricht mit allen ihm gur Verfügqung stehenden 
ägyptischen Truppen vom blauen Nil gegen den Mahdi auf. 
11. April. Die ägyptische Regierung setzt eine Kommission zu weiterer 
Erörterung der Dufferin'schen Verfassungsanträge nieder. Dieselbe besteht 
aus 2 Agyptern und 1 Engländer 
13.— 23. April. Hicks P. hat einen Rekognoszierungszug gegen den 
Mahdi unternommen, muß aber wegen Mangel an Provisionen den Nückiöng 
nach Chartum antreten. Der Mahdi macht dabei einen Angriff auf Hicks P., 
wird aber zurückgeschlagen. Hicks bereitet nun einen Angriff zu Wasser, So- 
liman P. und Major Colbourne einen solchen zu Lande vor.
	        
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