Full text: Europäischer Geschichtskalender. Vierundzwanzigster Jahrgang. 1883. (24)

Nebersichl der polilischen Enlwichelung des Jahres 1883. 419 
witterte, sah diese Besuche sehr ungern, konnte sie aber unmöglich 
hindern, verfolgte sie dagegen mit Argusangen. Da erfolgte ein 
Zwischenfall, der die öffentliche Meinung in Paris außer Nand und 
Band brachte. König Alfons wurde in Homburg vom Kaiser und 
von der Bevölkerung aufs freundlichste ausgenommen und Kaiser 
Wilhelm verlieh ihm noch vor Beginn der Manöver, an nichts 
Arges denkend, sondern lediglich der höfischen Sitte folgend, ein 
preußisches Ulanenregiment. Der König, als Soldat darüber hoch- 
erfreut, warf sich sofort in die Uniform dieses seines neuen Regi- 
ments und wohnte den Manövern in derselben und vielfach auch 
an der Spitze des Regiments bei, das zufällig in Straßburg garni- 
soniert. In Paris aber brach darüber eine gewaltige Wut aus 
und die Pariser Presse überschüttete den König um die Wette mit 
Sticheleien, Witzen und Schmähnngen. Auch König Alfons hatte 
an nichts Arges gedacht, hatte er doch schon auf der Herreise auch 
Paris und den Präsidenten Grévy besuchen wollen und nur auf 
den ausdrücklichen Wunsch des letzteren, der seinen Landaufenthalt 
nicht unterbrechen wollte, den Vesuch auf die Nückreife verschoben. 
Jetzt hatte der Besuch allerdings sein Bedenkliches. Nur um neuen 
Anstoß zu vermeiden, ging der König auch nicht über Straßburg, 
sondern über Brüssel nach Paris. Aber es half ihm wenig. In 
Paris angelangt fand er zwar auf dem Bahnhofe den Präsidenten 
Grevy und die Minister zu seiner Vegrüßung, aber dagegen den 
ganzen langen Weg vom Bahnhof bis zum spanischen Botschafts- 
hotel von einer Masse Pariser Pöbel im Frack und in der Bluse 
besetzt, die den König mit Verhöhnungen und Schmähnugen aller 
Art empfing und begleitete, ohne daß Maßregeln zu seinem Schutze 
getrossen worden wären, obgleich man solcherlei fast hatte voraus- 
sehen müssen. Und dasselbe wiederholte sich, als der König einige 
Stunden später ins Elysee fuhr, um dem Präsidenten der Republik 
seinen Besuch abzustatten, auf dem Hinwege und auf dem Rückwege. 
Es fehlte wenig, so wäre der König persönlich insultiert worden. 
Der Haß gegen Deutschland und die Mißachtung des Königs unter- 
stützten sich bei der Demonstration um die Wette. Am folgenden 
Morgen erwiderte Grévy den Besuch, entschuldigte das Vorge- 
fallene offiziell und lud den König auf den Abend zu einem Gala- 
diner im Elysee ein. Der König nahm die Einladung trotz dem 
Vorgefallenen an und benahm sich überhaupt mit Takt und Würde; 
aber am folgenden Tage früh verließ er Paris und kehrte in sein 
27“ 
König 
Alions 
in 
Paric.
	        
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